Freitag, 6. November 2009

"Harmonischer Dissens"

Foto: Christine Bart

Presseinfo
Begleitveranstaltung zur Ausstellung
"strömende Ordnungen", in Böbingen
am 3.11.2009

"Harmonischer Dissens"

Ein Gespräch zwischen dem Philosophen Hans-Dieter Bahr und dem Künstler Alfred Bast in dessen Böbinger Ausstellung.

Vor einem zahlreichen und kritisch aufmerksamen Publikum, waren sie sich nicht immer einig, der Tübinger Philosoph Hans-Dieter Bahr (1939 in Berlin geboren bei Ernst Bloch über Schopenhauer promoviert) und der Künstler Alfred Bast, in ihrem Gespräch zu Kunst und Philosophie, 

Vielleicht war es grade diese Reibung, die den komplexen denkerischen Stoff anschaulich und interessant machte. Zumal nicht nur gedankenschwerer Ernst regierte, sondern auch spontaner Humor Leben in die Denkzellen brachte. 

Von Mimesis, der künstlerischen Nachahmung im Sinne der Poetik des griechischen Philosophen Aristoteles war die Rede. Und auch von dem, was da nachgeahmt wird: nämlich die Wirklichkeit. Doch was ist Wirklichkeit, wenn alles was wir wahrnehmen von uns selbst bereits vorinterpretiert wahrgenommen wird? So fragte der Philosoph den Künstler. Wählt dieser die Blüte die er malt als Motiv, oder wird er vielmehr von der Blüte ausgewählt sie zu malen? Wie auch immer, schöne und harmonische Bilder, die derzeit im Bürgersaal in Böbingen ausgestellt werden, sind das Resultat.
Doch Vorsicht! Nicht harmlos sei die Harmonie und ihre Erscheinungsform, die Schönheit. Kein Wunder, denn in den Überlieferungen wird "Harmoina", als uneheliche Tochter vom Kriegsgottes Ares, und der Schönheitsgöttin Aphrodite, bekanntgemacht, erklärte Bahr. Die Begegnung mit echter Schönheit bewirke einen Schrecken, eröffnete Bahr, ein Erschrecken und Staunen, die den Menschen aus der Fassung bringe, und durch die Kunst in neuer Gestalt zu erscheinen vermöge, wenn sie gelinge.
 
Das Zusammenwirkung der Gegensätze führe erst zur Kunst, so Bast. Nur wenn Material und Idee, Gesetz und Singularität miteinander ein Drittes erzeugen (Harmonia) könnte sich Kunst ereignen. „Die disparaten Qualitäten müssen in der künstlerischen Arbeit gleichwertig sein, denn sonst gäbe es entweder, wenn das Gesetz dominierte, Erstarrungen, oder, wenn der Einzelfall bestimmend würde, Beliebigkeit und Wucherung“, erklärte der Künstler. 

Das Gelingen des Kunstwerkes hinge nicht von der Machbarkeit ab, man könne es nicht herstellen, (obwohl als Voraussetzung alle Intelligenz und Mühe nötig sei), sondern das Gelingen würde geschehen, wenn die Voraussetzungen dafür stimmten durch die richtige, eben die musische Stimmung. Nur in diese trete das zu Erwartete, die Muse ein. „Als ein Gast der das Haus adelt und festlich steigert“, wie Bast sagt. 

Hier stimmten die beiden völlig überein. Doch nicht bei der Frage von Zeit und Ewigkeit, zum Schluss des Gespräches,. Für Hans-Dieter Bahr ereigne sich alles in der Zeit, in der Präsenz des Gegenwärtigseins.
 "Ich brauche den Begriff der Zeitlosigkeit und Ewigkeit nicht, für mich ist alles in der Zeit". 
Bast, der Bahrs Begriff der Gegenwärtigkeit nicht widersprach, beharrte dennoch auf einer zeitübergreifenden Dimension, die er als er eine notwendige Bedingung für Inspiration erfahre. Er brauche die Idee eines Unbegreiflichen, Unfassbaren, damit nicht alles im Machbaren erstarre. 

Aber war das nicht auch die Aussage von Bahr, nur mit anderen Worten?
Dieser Ansicht waren jedenfalls einige Besucher, die an dieser ungewöhnlichen und gelungenen Begegnung teilnahmen. Einem Gespräch zwischen Philosophie und Kunst, geführt in musischer Spannung. 

(KunstKloster art research)


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