Dienstag, 21. Dezember 2010

Wintersonnwende 2010



Was ist herrlicher als Gold, fragte der König? - Das Licht, antwortete die Schlange. - Was ist erquicklicher als Licht? fragte jener - das Gespräch, antwortete diese.

J.W.v.Goethe, das Märchen


Wintersonnwende 2010

Vor 15 Jahren, am 21.12. 1995 begann ich am Strand von Auroville in Südindien ein künstlerisches Projekt, bei dem ich direkt mit Sonnenlicht und einer starken Lupe in farbig präpariete Leinwände Zeichnungen brannte.

Vom 21. Dezember bis 6. Januar zeichnete ich jeden Tag ein solches "LichtBild".

In dieser besonderen Zeit, an diesem besonderen Ort, liegt auch die Geburtsstunde des KunstKlosters.

KunstKloster?

Dabei war es mir ein Anliegen für die ergänzende Verbindung von künstlerischer Offenheit und spiritueller Ausrichtung, einen Begriff zu finden. Einen Begriff der wie ein Raum sein sollte zwischen Grenzen. Ein Begriff als eine Werkstättem ein Labor, ein Atelier, im Grenzland.

Ich erlebte und erlebe in meiner künstlerischen Praxis, dass Kunst und Spiritualität sich teilweise gegenseitig ausschließen und verhindern, ja befeinden.

Ob es sich um Bilderverbote in bestimmten Religionen handelt oder um spirituelle Verbote bei atheistisch geprägter Ästhetik, es ist, als würden sich Wurzel und Krone eines Baumes streiten, wer von beiden das alleinige und primäre Existenrecht hat.

KunstKloster art research, meint den ganzen Baum, den ganzen Menschen, den Menschen als Ganzes.

Doch was ist ein Mensch als Ganzes? Eine vollkommene Biomaschine, eine Projektion von Sinn in ein von blindem Zufall gelenktem Universum? Ein Idol?

Vor 21 Tagen hat meine Tochter ihr drittes Kind geboren. Ich besuchte sie, hatte es auf dem Arm und es schaute. Schaute uns an. Es schaute mit Augen in denen sich noch keine Reflexe und Reaktionen spiegelten. Ich hatte den Eindruck das All hätte Augen bekommen um nun ins Irdische herein zu blicken. Erstaunte Augen die trinken was sie sehen. Augen die staunen dass sie sehen. Im Mutterleib war es dunkel.

Dieses Kind, alle Kinder! sind trotz ihrer körperlichen Hilflosgikeit ohne Zweifel ein Ganzes, bereits ein ganzer Mensch.

Wie wird es sich entfalten, entwickeln? Welche Umweltfaktoren werden welche Anlagen fördern oder hindern? Was wird aus ihm? Welche Gestalt wird es einst gehabt haben?

Das ist von vielem abhängig. Bestimmte Bedingungen sind unabänderlich gegeben, doch wie innerhalb der Bedingungen gelebt wird, das ist die gestalterische Herauforderung und die Wurzel der Kunst. Darin ist die Freiheit und in der Freiheit entfaltet sich das Spiel. Es beginnt dort wo der Kampf ums Überleben endet. Denn das Überleben ist wahrscheinlich ein "Notprogramm" der Evolution. Dahinter droht die unbewußte Gewissheit, dass es dieses Überleben des Einzelnen letztlich nicht gibt, wie erfolgreich und fit er sich auch hält. Vielleicht gibt es nicht mal, auf länger Sicht, des Überleben der Gattung. Solches "evolutionäres Notprogramm" staut sich in einem übersteigerten Egoismus, der von halbbewußter Angst gespeist wird, wenn es hier keinen "Fort-Schritt", kein Weiterkommen gibt.

Ein gestauter Egosismus der immer neu Kraft bekommt ohne zu wissen wohin damit, verhindert den nächsten Schritt. Er baut eine riesige Verteidigungsmauer gegen alle möglichen und unmöglichen Feinde. Diese wandelt sich allerdings unmerklich in eine Gefängnismauer aus der es kein entkommen gibt.

Dieses Geschehen ist so subtil und allgegenwärtig, natürlich auch im Schreiber, dass ein nächster möglicher Entwicklungsschritt verdrängt und vergessen wird. Oder, dass die Kraft und Intelligenz die dafür vorgesehen ist, in die falschen Kanäle geleitet wird. Es ist eine tägliche Arbeit, Türen und Fenster in dieser Verhaltensmauern zu bilden, dass das eigene Ich ein offenes Haus wird und sich nicht zum egomanischen Getto verpanzert, dass es Licht herein läßt, Freunde und Gäste, dass es das Gespräch sucht und schenkt.

Das KunstKloster, so hatte ich das damals gesehen und sehe es heute noch, ist wie eine Hütte am Stand, wo sich der "evoltionäre Notplan des Überlebens" mit der ozeanischen Weite schöpferischer Möglichkeiten berührt und durchdringt.

Zwischenzeitlich wurde aus der Hütte ein Zelt mit dem wir reisten, von Seminar zu Seminar. Es haben sich inzwischen KunstKloster Orte etabliert: das Atelier im Frauenhof, der Kunstraum in Hohenstadt und eine Station in Berlin. Doch im Grunde ist es ein innerer Raum, den jeder in sich eröffnen kann.

Wer in das KunstKloster eintritt will nicht überleben, sondern leben und sich entfalten, will werden wer sie oder er ist: von Anfang an ein ganzer Mensch in der Entwicklung.

Nun ist diese, wie fast jede Beschreibung über solche Themen, die doch weit über das sprachlich Fassbare hinausreichen, immer nur eine Andeutung und Skizze. Doch wage ich es diese zu tun, auch wenn sie nicht vollständig ist oder sein kann. Denn nur wenn ich beginne, das ist immer die selbe Erkenntnis beim malen, nur dann, entwickelt sich das Mögliche. Sonst bleibt es draußen und tritt nicht herein, reichert nicht an, belebt und ergänzt nicht.

Das Ganze, von dem ich gesprochen habe, ist offen. Es ist wohl niemals "fertig" und doch ist jeder Schritt, jede Phase durchaus perfekt und im Ganzen zuHause.

Mein Gruß und Dank zur Wintersonnwende, zur Weihnacht und zum Jahreswechsel, gilt allen die am KUNST KLOSTER art resarch mitwirken. Ob mit "Gold mit Licht oder dem erquicklichen Gespräch"