Freitag, 26. März 2010

Kaffe an der Markhalle



26.03.2010 5:20 Uhr


für meine Herzin


Kaffee an der Markthalle


Nahe einem großen Kinderspielplatz, hinter der Markhalle, sind runde Tische mit Korbsesseln aufgestellt.

Es ist warm, sonnig. Ich will schreiben inmitten dieses freundlichen Trubels und Treibens.

Schon fühle ich mich heimisch in Kreuzberg. Heimisch, als Fremder unter Fremden.



Das Brandenburger Tor

Eben war ich dort, nach der Ausstellung in der neuen Nationalgalerie. Diese Tor: einstmals ein Symbol des Triumphes, dann der Teilung und Wiedervereinigung. Heute dient es als Markensymbol und historische Kulisse für große und kleine Events.

Ein Zielort, der auf dem Programm der vielen Reisegruppen, ganz oben steht.

Das Tor zieht Massen von Menschen an. Wie alles berühmte wirkt es wie ein Magnetsog. Die Funktion des Ruhms erhebt den Einzelnen in die Sphäre historischer Bedeutung, um ihn sofort, und in diesem Falle unmerklich, in einen Körper aus Fans einzuschmelzen.


Die Stimmung ist erwartungsvoll. Geladen. Prickelnd. Weniger wie Sekt, eher wie billige Brause. Als müsse hier immer, auch jetzt, ja grade jetzt wo „Ich“ hier bin, etwas passieren. Alle Iche, die eine Menge ergeben, auf der Schwelle zum „Wir“, verweilen, lassen sich nieder wie verschiedene Zugvögelschwärme an einem See. Friedlich, freundlich, laut in Gruppen, verhalten und eher verloren die Einzelnen.


Einige Schausteller, die russische, ostdeutsche und amerikanische Soldaten parodieren, machen phantasievoll aus dem historischen Kontext Kasse, indem sie sich, meistens mit Mädchen fotografieren lassen. Der Fotobeweis: Ich war auch da. Und die Bedeutung des Ortes geht, wie ein Geruch über in die Bedeutung des Ichs. Es steigert sich durch diesen berühmten Orte und nimmt die Begegnung wie Antiderperssiva ein.


Zu Hause wird das gewürdigt und wer von dort nicht mehr reisen kann, etwa die Großmutter, freut sich, dass die Enkelin nun zwischen einem Ami und einem Russen lacht, und all das Grauen das hier geschah zur bunten eislutschenden Oberfläche wurde. Leben wir nicht doch in besseren Zeiten als damals? Oder sind die Orte des Konflikts nur gewandert? In den vorderen Orient, nach Afghanistan?


Jetzt tanzen 5 fitte Jungs, umringt von einem großen Zuschauerkreis in dem mein anwesendes Ich etwa ein 300stel ausmacht. Akrobatisch, humorvoll, erotisch und super gut.

Als die Schau zu Ende ist, springen diese bejubelten Helden des Augenblicks in die Menge und betteln mit Mützen um Cash. Wie rasch sich die Menge auflöste war überraschend. Sie stob auseinander. Das machten die Tänzer nicht so geschickt wir ihre Bewegungen. Denn der Übergang zwischen den Helden und den Bettlern war zu abrupt. Ich bin sicher dass mehr Zuschauer gerne gegeben hätten, wenn sie mehr Zeit gehabt hätten. So stoben die Zuschauer wie ein Fischschwarm vor hungrigen Hechten auseinander. Das fällt mir erst jetzt, in Nachhinein auf, sonst hätte ich es gesagt. Ich gab gerne dem jungen Mann, der locker einen Salto aus dem Stand macht, eine Münze in die Mütze.


Mein radfahrende Ichkörper löste sich aus der Menge und fuhr über die Friedrichstraße zurück. Edelgeschäfte links und rechts. Dort gibt es hochpreisigen Schmuck, Taschen, Schuhe, Kleider. Trophäen die tragbar sind. Begehrte Werte mit denen sich das Ich aufwerten und schmücken kann. Weiter unten dann, hinter dem ehemaligen Grenzübergang Check Point Charlie, eine Baustelle. Danach veränderte Stimmung. Kein Glamour mehr. Die Knochen harter Wirklichkeit werden spürbar unter fahler nachlässiger Oberfläche. Plastiktüten statt Gucci-Taschen. Doch viel mehr Kinder in denen das Leben sich feiert.

Klavierspieler

Nun also mit einem großen Milchkaffe vor mir, in dieser andren Menschenmenge. Familien aus der nahen Umgebung lockt es nach dem langen Winter raus. Ein Lächeln liegt in der Luft. Von irgendwoher leise Pianoklänge. Ein Mann mit Hut spielt auf seinem transportierbaren Klavier, vor einer Wand voll mit Grafitti. Er spielt schon seit es Musik gibt. Später sah ich ihn als Passant und sprach in an. „Es gibt so viel Unsinn auf der Welt, da kommt es auf einen mehr nicht an“, sagte er heiter. Diesmal dürfte er an die 60 sein, so alt wie ich. Wir wissen beide, dass wir nicht mehr lange zum letzten Tor gehen müssen und vieles schon als Wiederholung sehen was für andere einmalige Zukunft scheint.

Doch ist dies ein Geheimnis und lässt sich nicht aussprechen ohne sich zu tarnen.


Sowenig wie der Klavierspieler meint, mit seinem Spiel den Lauf der Welt ändern zu können und dennoch spielt, so wenig meine ich mit meinen Gedanken etwas verändern oder bewirken zu können. Trotzdem schreibe ich.

Es ist wie Steine suchen und finden am Strand, die für den Finder kostbar sind und so unterschiedlich.

Ich spüre die Lust, wenn ins Schreiben Saft kommt, wie in eine Frucht die über den Sommer reift.


Zwar ist letztlich alles Leere, Materie und Licht. Mit oder ohne Schöpfer. Zwar gibt es nur Bewegung, Raum und Zeit, und doch finde ich mich verdichtet und geprägt wieder. Schaut mich ein Gesicht im Spiegel an das kein anderes ist. Zwar sind wir alle eins, doch wenn das uns jemand sagt der unser Geld will, dann finden wird das selten überzeugend.


Das Licht ist zugleich Farbe und die Materie nicht nur Masse, sondern hoch differenzierte Gestalt, die in Verbindung mit Atem und Bewegung Leben freisetzt. Und schließlich uns Ich-Wesen hervor bringt. In zweifacher Ausfertigung, zweifachem Sex: femin und maskulin. Geteilte Einheit die sich in unzähligen Varianten wieder einen will, muss. Getrieben und Vertrieben. Treibend und reibend.

Sex. Erotik. Liebe.

Drei Bergriffe die in der Regel zu einem Cocktail gemischt sind. Wasser. Frucht und Schnaps.

Mich interessieren die einzelnen Bestandteile dieses Tranks, der zugleich berauscht und ernüchtert.

So lege ich die Begriffe auf den Ateliertisch und betrachte sie, koste sie einzeln. Taste nach ihnen wie der Musiker nach seinen Klaviertasten. Vielleicht kann und muss ich selber mischen lernen in der Haft-Bar der Liebe und Leidenschaft, in der sich meist nur vorgemischtes bietet.


Sex zeigt sich magisch. Unmittelbar, Kompromisslos.

Erotik mystisch, zwischen Weite und Nähe verbindend. Wie der Regenbogen zwischen Licht und Dunkel. Doch nicht fassbar.

Liebe ist das Licht im Raum. methaphysich, umwandlerisch. Lächelnd, lösend dort wo sie sich bindet.


Einheit und Zweiheit. Diese Urthema seit Menschengedenken, das alle Maler und Dichter beschäftigt. Dies und die Phasen des Lebens, wie es sich auf diesem Platz so eindrücklich, gleichzeitig und alltäglich abspielt.


Nein, wir mögen zwar eins sein, dort in den biologischen Werkstätten und chemischen Labors mikrokosmischer Kleinheit. Doch haben sich aus dieser Einheit zu viele Gettos entwickelt in die wir eingesperrt sind. In denen wir uns einsam fühlen und die wir zu öffnen, zu lösen und zu sprengen versuchen und in die wir doch flüchten wie in Höhlen, wenn uns die Weite beliebiger Möglichkeiten aufzulösen droht, und wir in statistischen Zahlengebäuden nur noch Nummern sind.

Doch nicht nur Gettos entwickelten sich, sondern mehr noch Gestalten der positven Kraft. Blumen und die schönen Tiere, Bäume und das spielerisch machtvolle Wasser. Sie wirken in uns und geben uns Freude und Schönheit - zum verschenken viel und die Macht die Gettos umzuwandeln.


Hier auf diesem Platz sind Frauen Männer und Kinder. Diese drei Gruppen in die sich die ganze Menschheit fassen lässt. Die Gruppen, die sich immer weiter differenzieren, bis in die Iche hinein mit Namen, Wohnort und Alter und in denen doch das Ganze vibriert. Jedes Ich hat in seinem schönen runden Schädelhaus einen ganzen Kosmos, ein Universum, das mit dem da draußen kommuniziert.


Zwei Augen schauen. Eines nach Außen eines nach Innen. Zwei Hände handeln. Eine nach Außen, eine nach Innen. Zwei Ohren hören, eines nach Außen, eines nach Innen.

So jedenfalls ist es gemeint vom „Ein und Alles“, von der Schöpferfrau, unserem Herrn.

Das taucht eben als Botschaft auf dem Bildschirm im Atelier auf. Manches zeigt sich auf Papier und Leinwand, manches auch dem Bildschirm.


Von Zeit zu Zeit ist es sicher gut alle Sinne zu schließen und sich in den Zustand des Einsseins zu versenken. Sich jedenfalls dorthin auszurichten als ginge es ans sterben. Dorhin wo sich Nichts und Gott in Liebe einen und die Freude mit der Leere tanzt.


Dort, so versprechen die für mich überzeugendsten Menschen, sind wir erst die wir sind. In den Karussellen der Welt, die sich um diesen Mittelpunkt drehen, sind die Mühlen des Werdens und Vergehens in Gang, damit wir feingemalen werden bis nichts mehr bleibt, und unsere Legierungsidenidtäten verlieren. Dort in diesem Nichts werden wir zu dem geboren was wir sind. Oder besser: wir erwachen darin. So sagen sie. Ich bin sicher, dass es so ist. Doch das ist eine große Kunst so zu verlieren, dass "Nichts" bleibt und nicht etwas nichts.


Wie der StraßenMusiker, der sagte, es komme auf eine Sinnlosigkeit mehr in der Welt nicht an, und sich damit heiter seine Freiheit in Form eines Fischbrötchens in den Mund steckte, so habe auch ich den Eindruck, dass es nicht darauf ankommt ob ich über Sex, Erotik und Liebe oder sonst was schreibe. Was kümmert es das Feuer, wenn ich es beschreibe, es freut sich viel eher, wenn es das beschriebene oder bedruckte Papier mit seinen schönen heißen Zungen leckt, aufzehrt und in Asche verwandelt.


Schon lange habe ich gelernt, wenn ich mit dem Feuer arbeiten will, mit der Asche zu beginnen. Vielleicht hab ich das im Blut.


Im „deutschen Gen“. Eingebrannt nach 1945.

3 Jahre danach wurde dieses hier schreibende Ich, das den Vornamen Alfred und den Nachnamen Bast hat, (es gibt in Deutschland 10 weitere Iche die ebenso heißen) geboren.

Asche und Ruinen waren in der Atemluft meiner Kindheit. Nicht unmittelbar, denn die Kleinstadt Schwäbisch Gmünd hat äußerlich den Krieg heil überstanden, doch der Gau war in den Menschen, den Seelen, den Herzen. Und er war verdrängt. Von den Meisten.

Nur ein Lehrer den ich als Menschen erinnere und nicht nur als Figur, gestand uns untröstlich, dass er im Kriege einen Schwarzen getötet habe. Und dass er später nach Afrika fuhr, um dessen Familie zu suchen. Vergeblich.


Ein „GutMensch“, ein „Mut-Mensch“, der die Stärke besaß seine Schwäche und Schuld zu äußern. Die meisten andern erinnerten sich, vor sich selber und vor uns Kindern, wenn sie einmal sprachen, als großspurige Helden, die uns imponieren wollten, und die das Klassenzimmer in eine Kaserne verwandelten. Sie machten uns zu kleinen Feinden und schlugen uns vernichtend, in jeder täglichen Schlacht, die Bereitschaft zur Bildung aus dem Kopf.

Heute ist das eher andersherum. Da sind die Lehrer die Feinde auf die geschossen werden darf. Ziele stumpfer Aggression die von Kriegsspielen genährt werden.

Töten um nicht selber getötet zu werden.

Die Banalität des Überlebenstriebes. Als hätte Christus nichts anderes gezeigt.

Max Beckmann, "Mädchenzimmer" in der Ausstellung " Moderne Zeiten" Neue Nationalgalerie Berlin 
"Moderne Zeiten"

Bevor ich gestern in den bunten Wirbel ums Brandenburger Tor kam, besuchte ich die Ausstellung "Moderne Zeiten" in der Neuen Nationalgalerie. Eine dichte Schau der Kunst zwischen 1900 und 1945 in Europa, mit dem Schwerpunkt Deutschland.


Gebrochene Formen, zerstörte, zerstückelte Gestalten. Wilde Schritte in eine Freiheit aus der dannMauern und Gefängnisse erreicht wurden. Zuckende Gesten, extatische Tänze in grellen und ungebrochenen Farben. Ein Rückruf des Primitiven, Unverdorbenen, ein Schrei nach dem unkontrollierten unbewußten Chaos um den rationalen Gefängnissen zu entkommen. Flaschengeister wurden zur Befreiung gerufen und freigelassen. Das Primitive und Naive von übersensiblen Künstlern nahezu verzweifelt vergröbert.


Als ein intellektuelles Konzept, einen Widerstand gegen dekadente, verlogene Bürgerkultur. Dem Primitiven wurde der Rote Teppich ausgrollt. Auch das wurde zum Diktat. Zum Zwang. Als hätten die verschiedensten Stilrichtungen den Kampf in sich mitgenommen, als wären sie Splitter eines zertrümmerten Ganzen, von dem ein jedes Teil ein neues Reich zu gründen beanspruchte. Mit Macht, Ignoranz, Intoleranz gegenüber andren.

Ich kann in dieser Kunst, manches finde was mich unmittelbar angeht und berührt, was mir Aufschluss gibt über den herrschenden Geist der Zeit. Grosz zeigt präzise und deutlich was immer noch ist.

Und dass die Lüge nicht nur nicht überwunden ist, sondern sich öffentlicher Anerkennung erfreut.


Ich kann in dieser Tradition nicht weitmachen. Ich sehe, dass weder die besten und härtesten Bilder, die die Systeme der Lüge und der Macht entlarvten schick und teuer geworden sind.

„Bad painting“ schmückt. Das Missfällige gefällt.


Das Schöne ist von der Werbung besetzt. In der modernen Kunst taucht sie eher selten auf. Das Grauen, das Böse erscheinen wahrer, authentischer und sind „mediengerechter“, sofern von gerechten Medien gesprochen werden kann.


Zerstört ist der Mensch der zerstört. Das galt und gilt es zu zeigen. Ihm gilt es mutig ins Gesicht zu schauen. In den Spiegel und dies auszuhalten. Hat sich dadurch etwas verändert? Haben sich zum Beispiel die unbewussten Quellen der Surrealisten als wahrer und reiner gezeigt, oder haben sie lediglich kollektive Verdrängungen aufgedeckt, was an sich schon ein riesige Leistung wäre?


Noch immer ist das Schöne in der offiziellen Kunst entweder verpönt oder zum Kitsch übersteigert. Der kunstgeschichtlich Gebildete "will" oder "muss" in der Kunst seine kaputte Wirklichkeit sehen, die zugleich sein Image krönt und seine Defekte feiert und entschuldigt.

Es ist gewiss entlastend keinem Ideal mehr folgen zu wollen, denn diese haben sich allesamt als Irrwege erwiesen. Doch ohne geht Ideale nicht. So werden sie in Marketingagenturen kreiert und zeigen sich auf den kreisenden Litfassäulen, an allen Straßen, in Zeitungen, im Fernsehn in übergoßer Glorie und perfektionierter Schönheit.


Schlecht ist der Mensch, hilflos und bös, ist das Fazit der Analyse des letzten Jahrhunderts. ...Schön... Schön....


Nun, dann lasst uns sein was wir sind. Egoisten, brutal und gierig, lügnerische schlaue und geile Mischwesen in Glamourmasken, die möglichst weit oben angesiedelt sein möchten im Geld-Welt-Angst-Getto, in der Nähe der Scheinwerfer und Kameras. Vielleicht um Geschichte zu schreiben und ein großes Grab zu bekommen, keines wie Mozart oder Grünewald, das niemand kennt.


Nein, da geht es für mich nicht weiter, auch wenn sich alles rasend bläht.

Spätestens hier wird deutlich, dass ein zerbrochenes Glas nicht wahrer ist als ein ganzes. Das zeigen die Blüten und die Kinder. Scherben sind nicht das Ziel. Ruinen nicht die Architektur der Zukunft.

Ich will ganz leise beginnen, das Schöne wieder mit der Wahrheit zu verbinden. Die Kinder, die Kinder und manche Alte hier zeigen in ihren Gesichtern, die nichts von alledem wissen müssen, dass es geht.

Es ist gut mit der Asche zu beginnen wenn ich das Feuer beschreiben will, mit Worten, mit Farben.

Ja, es ist gut mit der Asche zu beginnen, wenn das Feuer gemeint ist.

Doch heute komme ich nicht dazu es auch zu entzünden. Erst muss wohl die Feuerstelle erst noch vorbereitet werden.

Ferdinand Hodler, "Frauen die einen Jüngling bewundern" Moderne Zeiten" Neue Nationalgalerie Berlin 

Sonntag, 21. März 2010

Anfang und Aufbruch



Alfred Bast
KunstKloster art research
21.3.2010




Anfang und Aufbruch

Frühlingsanfang nach einem langen Winter.
In den 4 Treffen auf dem Klosterhof nehmen wir die Jahreszeiten zum Anlass, um gemeinsam auch über die Lebensalter, die Rhythmen in denen sie sich abspielen, die Zeit und das der Zeit ihren Rahmen gebende Licht, nachzudenken.

Unter „nachdenken“ verstehe ich allerdings nicht nur eine rationale oder mentale Tätigkeit in der wir das Wissen aktivieren und Informationen sammeln und austauschen, sondern vor allem die Erzeugung einer bestimmen Gerhirn-Frequenz, in der sich dann, mit einer musischen Mühelosigkeit, die entsprechenden Gedanken einstellen. Gedanken, die in nonverbalen Gefühlen wurzeln.

In solcher Einstellung ist selbst schon der Anfang, beim Thema „Anfang und Aufbruch“ zu finden, in dessen Charakter wir uns heute vertiefen.

Aller Anfang sei schwer, so sagt ein Sprichwort, doch von Hermann Hesse wissen wir, dass jedem Anfang ein Zauber innewohnt, der uns beschützt und der uns hilft zu leben.
Und schon diese beiden unterschiedlichen Sichtweisen des Anfangs, die wir alle kennen, lassen ahnen wie wichtig es ist, was für eine Bewertung wir dem Anfang geben, und wie prägend sich diese auf den weiteren Verlauf auswirkt. Wobei dies nicht unabhängig von der Sache selbst gesehen werden kann. Es ist sicher einfacher den Zauber in einer anregenden neuen Begegnung zu entdecken, als im Anfang einer Krankheit. Und doch gilt das Hesse-Wort auch für diese Bereiche. Der "Zauber" ist darin nur verborgener.

Die einflussreichste Deutung des Anfgangs, mit dem später auch Goethes Faust gerungen hat, finden wir in der Bibel:
„Am Anfang war das Wort“.
Faust korrigierte in seiner Übersetzung den Urtexte um zu:
„Am Anfang war die TAT“.

Wort oder Tat sind im Grunde verwandt, denn das Wort das hier gemeint ist, ist das schöpferische Wort, nicht das Geschwätz. Jenes schöpferische Wort, das die Leere und das potenzielle Chaos in Bewegung setzt, ihm Herz, Leben, Gestalt und damit Richtung und auch einen verborgenen Sinn verleiht.

Das schöpferische Wort entwirft sich, aus der Unfasslichkeit gestaltlosen ewigen Seins- oder Nichtseins, hinaus ins Werden, in die Zeit, in den Lauf der Dinge, in den Fluss der zum Meere strömt, um von dort wieder zurückzukommen zur Quelle.
Dieses schöpferische Wort spricht sich immer wieder selbst weiter. Es ist die Quellkraft alles dessen was ist.

Weil es von Gotte gesprochen wird, also einer Dimension die nicht der Zeit zugeordnet werden kann, ist es nahe liegend dieses schöpferische Wort selbst als die Schöpfung von ZEIT zu deuten. Gott, so könnten wir skizzenhaft denken, schuf die Zeit und damit das Licht und den Raum. Er setzte einen Prozess in Gang den wir als Evolution kennen.
Innerhalb seiner Schöpfung ist Gott nicht zu beweisen, da er nicht auf seine Schöpfung reduzierbar ist. Mir und dem Gehirn das in meinem Kopf „denkt“ ist die Existenz dessen was ist allerdings Beweis genug,

Am Anfang also war das Wort und das Wort sprach „ZEIT“., sprach: „Jetzt“ und „Anfang“.
Es sprach "Raum" und "Körper" und "Leben". Leben dessen markanteste Eigenschaft darin besteht sich immer wieder zu erneuern, zu wiederholen, und in der Wiederholung sich weiter zu entwickeln.

Das im Zeitlichen wirkende Element, das dem Ewigen am ehesten entspricht, ist eben die Wiederholung, die Wiederkehr des Gleichen, die Reproduktion. Körperlich präsent durch den Atmen und den Rhythmus des Herzens, ohne die jeder Körper rasch seine Lebenskraft verlieren würde.

So erleben wir zwar die Evolution und ihren Wechsel der Zeiten. Wir sind Bestandteil davon. Doch zugleich erfahren wir innerhalb der eigenen Gattung auch jene karusellartigen Kreisläufe, jene Teufelskreise, aus denen es kein Entrinnen zu geben scheint, und in denen keine Entwicklung auszumachen ist.

Wenn wir daran denken, wie wir als Menschheit miteinander umgehen, wenn wir Nachrichten hören, so können wir zweifellos von einer quantitativen und einer formalen Veränderung sprechen, von unzähligen Formen, Kulturen und Lebensweisen, und vor allem von einem großem technischem Fortschritt. Doch was machen wir damit? Auf welche Kosten geht diese Entwicklung?
Unsere individuellen Lebensformen verbreiten sich und die Artenvielfalt schwindet. Tiere finden sich in ihrer Vielfalt nur noch im Zoo, auf der Speisekarte oder im Kuschelzimmer. Selten nur in der freien Natur.
Die Qualitäten und Inhalte der Botschaften die durch Handys und Lautsprecher gesendet werden, die Bilder die wir internetschnell reproduzieren und verbreiten, verweisen auf etwas im Menschen das sich nicht parallel zum technischen Fortschritt entwickelt hat, sondern seit Jahrtausenden in unzähligen Varianten stagniert.
Wir kommen offenbar durch die schnellsten Rennautos und Raketen nicht rascher zu uns selber, zu einem sinnerfüllten, friedvollen, angstfreien, kreativen, sozialen Zusammenleben und Wirken.
Kein Mikroskop vermag uns Auskunft zu geben über den emotionalen und seelischen Innenraum und kein Teleskop schaut in die Zukunft. In den Kernspintomographen finden wir zwar, wenn wir das Gehirn untersuchen, aktive Zonen die sich lokalisieren lassen, doch wir wissen nicht genau, was das bedeutet.

So verweist uns dies, quasi als Nebenwirkung, auf jenes, das in uns als inneres Vermögen liegt und darauf wartet gehoben zu werden. Verweist auf unseren inneren Arbeitsplatz, den uns niemand nehmen kann und den wir auch nicht von uns weg delegieren können.

Wenn wir unsere Zukunft nicht als Roboter wünschen, wenn wir die Evolution nicht darin sehen, dass wir als physische Menschen ein Übergang zu einer künstlichen Menschheit werden, dann müssen wir wohl wieder an uns selbst zu arbeiten beginnen, und das nach-wie-vor-Gültige „erkenne Dich selbst“ der alten Griechen aktuell anwenden.

Was wir perspektivisch über 600 Jahre nach außen gerichtet haben, um die Erkundung und Eroberung des Raumes zu leisten um von engen abergläubigen Projektionen weg zu kommen, führte uns zur weitgehender Aufhebung des Raumes durch die Geschwindigkeit und die Telekommunikation. Wir müssen nicht mehr reisen, die Reise kommt zu uns. Fluchtpunkt und Standpunkt fallen in eins. Die Erde ist ein Ort mit verschiedenen Regionen, die alle durch die technischen Medien zugleich erfasst werden können. Satelliten „sehen“ alle Bewegung auf der Erde und helfen Autofahrern zu navigieren. In "google-erth" können wir den Globus auf dem flachen Bild-Schirm bereisen ohne uns bewegen zu müssen. (Die Erde ist also doch wieder flach, eine digitale Scheibe). Das heißt, wir sind auf dieser Forschungsreise, die in der Renaissance, diesem Aufbruch in die Neuzeit, begann, in der weitgehenden Gleichzeitigkeit des Raumes angekommen. Doch müssen wir feststellen, dass diese grandiose Entwicklung sich offenbar nicht auf unsere emotionale Entwicklung ebenfalls fortschrittlich ausgewirkt hätte. Da ist eher ein hochdynamischer Stillstand, ein Stau, zu prognostizieren.

Ohne die technischen Möglichkeiten abzuwerten, oder ihre Entwicklung zu behindern, aber auch ohne in der technischen Entwicklung noch die Antworten auf die Fragen und Richtungen zu erhoffen die uns individuell und kollektiv weiterbringen, verweist diese Erfahrung nun also wieder zurück auf den Innenraum, als den noch nicht eroberten, noch nicht entdeckten, und noch nicht beherrschten. Die neuen Exkursionen in unbekannte Kontinente gehen nach Innen. Das Gehirn eines jeden Mensche ist ebenso komplex wie das Universum, las ich neulich.

Wenn wir also zu Menschen und nicht zu Robotern oder technisch-biologischen Zwittern werden wollen, wenn wir in der Menschwerkstatt wirken wollen, dann müssen wir Sinn entdecken und erfinden, (was durchaus identisch sein kann). Ein Sinn, der dem schöpferischen Anfangs-Wort zugrunde liegt, oder dem wir ihm zusprechen können, um dann die Folgen unserer Wahl zu erfahren.

Dass dies nicht nur eine Frage der Zeit und der Geschichte ist, sondern des ständigen Beginnens, wird sich noch zeigen.

Wohin also, wenn wir angekommen und doch noch nicht zu Hause sind?

.. und jedem Anfang wohnt ein Zauber inner, der uns beschützt und der uns hilft zu leben...

Ein Anfang spricht das Ende mit. Anfang und Ende gehören zusammen. Alpha und Omega. Das ist die Zweipoligkeit des schöpferischen Wortes: ZEIT
Dazwischen liegen Same, Reife und Frucht.
Dazwischen spannen sich die Jahreszeiten und wirken als Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Sie strukturieren einen Ablauf in rhythmische Perioden. Auch beim Menschen.

Nach der Geburt, dem Aufbruch, kommt das Werden des noch geschlechtsunbewussten Kindes, das sich später als männlich oder weiblich entdeckt, und sich damit von seiner kindlichen Ganzheit in eine Hälfte zugleich entwickelt und verliert.
Wie wichtig der Anfang der Kindheit ist, davon sprechen viele Untersuchungen, das erleben wir an uns selbst. Bis in unsere letzten Tage wird dieser Anfang in uns wirken. Bei manchen Biografien wird deutlich: die letzten Tage sind denen des Anfangs sehr ähnlich.

Im Alter, wenn der Herbst mit seiner Ernte geschehen ist und die Zukunft fast nur noch Erinnerungen bringt, dann sammelt sich Neues weniger Außen als Innen: die Summe des Gelebten verdichtet sich zum Samen. In welcher Qualität auch immer.
Es wird die Frage wichtig, was wird aus dem was geworden ist? Was wird mit den Kindern und Enkeln, dem Erbe, dem Nachlass,? Was wird aus den Wünschen, Hoffnungen, Gedanken die uns durch das Leben getragen haben, und die wir selbst von den Vorfahren ererbten, denen wir Raum und Wert zusprachen, die wir pflegten und mit all unserem Mühen zur Frucht zu bringen versuchten. Und wie gehen wir mit den Misserfolgen und Enttäuschungen um, mit Resignation und Einsamkeit, weil wir den Eindruck haben dass sich das wirklich Wichtige nicht vererben lässt? Vielleicht glauben wir an die Wiedergeburt, in der wir das im nächsten Leben vorfinden wie und was wir hier hinterlassen haben.

Zeit
Zeit, das wissen wir seit Einstein, wird vom Licht bestimmt, vom Licht gemessen. Über der Lichtgeschwindigkeit gibt es keine Zeit. Das ist ihr Limit. Doch da wir zeitliche Wesen sind mit Einbildungskraft können wir uns etwas vorstellen, das jenseits der Zeit ist.

Wir nennen es Ursprung, Ewigkeit, Gott, Leere, Tao, oder das Nichts.

In unseren Mythen über den Anfang ersetzten wir, als Kinder einer Zeit die die Verbrennungsmotoren hervorbrachte und das Dynamit und die fasziniert waren von den Explosionskräften und Antrieben, die poetische Metapher des schöpferischen Wortes Gottes mit dem Bild einer explodierenden Bombe, dem martialischen "Urknall" oder "Big Bang".

In vielen andern Bildern, die mir näher sind, wir der Anfang sanfter und natürlicher geschildert. Zum Beispiel als Ei.

Das Ei, ich sage es immer wieder mit frischer Begeisterung, ist als kosmische Urform das Kind der großen Gegensätze von Kreis und Strahl, von ruhender Zentrierung und gerichteter Kraft. Das Ei, das Oval und die Spirale sind Formen schöpferischen Verbindung von Gegensätzen.

Nicht zufällig ist das Ei das Symbol für Ostern bei dem die Hasen und nicht die Hennen den Eiern vorstehen. Denn der Hase ist ein Bild sowohl des Friedens als auch der Fruchtbarkeit. Beuys hat in einer spektakulären Aktion eine Zarenkrone in einen Hasen zurückverwandelt. Das Symbol der Macht in ein Symbol natürlicher Fruchtbarkeit und Friedfertigkeit umgeschmolzen.

Das Ei, als Symbol für den Anfang ist kein Selbstzweck. Es hat eine Macht in sich die es zwingt aufzubrechen. Aufzubrechen, hinaus in eine Raum-Zeit, die voller Zukunft, voller Wunder, voller Rätsel und auch voller Gefahren ist.

Beim Menschen ist dies ein Aufbruch hinaus in die Welt, ins Lernen, ins Erkunden und Erobern. Durch Kindheit und Schule, durch Beruf, Liebe und Partnerschaft, durch Konflikte, Kämpfe und Kriege, in eine Welt der Schönheit und Freude, aber auch der Angst und des Grauens, eine Welt des Vertrauens und der Liebe, aber auch der Lüge und des Verrats.
Das Hinausgehen in die Welt, wird zugleich der Eintritt in die eigene innere Welt.

Jeder Schritt nach Außen öffnet eine neue Kammer in der eigenen Seele. So sehen wir uns wachsen nach Außen in die Welt, wo wir im Laufe der Zeit einen Platz einnehmen mit dem wir uns verwurzeln und den andere als für uns typisch wahrnehmen. Und nach Innen, wo sich alles Erfahrene erinnert, sammelt und speichert, und sich ordnen oder sortieren will zu einer Gestalt in der sich Identität ablesen lässt, von der wir sagen: ja das sind wir.

Doch jede neue Tür die wir nach Außen und damit auch nach Innen öffnen verweigert ein letztendliches Ankommen, ein endgültiges zur Ruhe kommen in einer Identität mit uns selbst.


Nicht nur die unbestechliche Zeit der Jahre erlaubt es nicht, dass wir in den Phasen der Jugend, des Sommers oder des Herbstes bleiben und dort behaglich Wohnung nehmen. Immer werden wir vertrieben, oder fliehen selbst von einer Lebensphase in die Nächste, von einer Neuigkeit in die Nächste die uns mit Ankommen lockt. Doch kaum haben wir erreicht was wir ersehnten treibt uns ein unstillbarer Motor weiter und das Herz gibt keine Ruh. Es schlägt und schlägt, und jeder Schlag ist ein Ruf, ein weiter, weiter, weiter, und eine Frage: Ja wohin denn noch? Ans Ende natürlich! Nur dort ist noch ein Anfang zu erwarten.

Keine medizinische Unterstützung hat die Macht diesen Gang durch die Lebensalter aufzuhalten. Rasch will das Kind groß werden. Merkwürdig fühlen sich die Großen gar nicht so wie sie dachten, dass es sich anfühlt groß zu sein. Und die reifen weisen Alten sind selten.
Jedes Lebensalter hat seine eigene Aufgabe.

Doch haben wir immerhin die Möglichkeit auf diesem Gang durch die Zeiten möglichst aufrecht zu gehen, uns, wenn wir fallen, immer wieder zu erheben und frohen Mutes und Sinnes den neuen Lebenskreis erwarten oder ihm entgegenzugehen, der uns einem Ziel entgegenführt, das wir nicht wissen können, und von dem wir doch angezogen sind wie die Lachse, die zu ihrer Geburtsstätte zurückfinden um dort zu laichen und damit wiederum Geburtsstätte für die nächste Generation zu werden.


Licht
Währenddessen ist es das Licht allgegenwärtig.
Mehrfach ist das Licht

Drei Lichtqualitäten sind leicht zu unterscheiden.

1. das ursprüngliche Licht, das wir als göttliches Licht bezeichnen können.
In ihm sind das Licht der Wahrheit und das Licht der Liebe als innere Qualität zu finden.

2. das natürliche Licht der Sterne und unserer Sonne, und das widerspiegelnde Licht des Mondes. Lichtkräfte die in unserem Körper als pulsierende und vitalisierende, prägende und unbewusst steuernde Ordnungen wirken.

3. das künstliche Licht mit seinen Scheinwerfen und Schlagschatten, das uns mit der öffentlichen Meinung und unserer Position darin konfrontiert. Es hat in den letzten hundert Jahren durch die technischen Möglichkeiten eine so starke Dominanz bekommen hat, dass es die beiden andern Lichtqualitäten oft überblendet.

Wenn wir das kurz näher betrachten, und auch die Begriffe die damit verbunden sind nachfragen, so sehen wir, dass die „Schein-Werfer“, im Unterschied zum natürlichen Sonnen- und Tageslicht, kein Streulicht geben, sondern in der Regel partielle Zonen hervorheben und belichten. Zugleich werden damit harte Schlagschatten und Dunkelzonen erzeugt.
In dieser Lichtart, zu der auch das Blitzlicht, die Fotografie und vor allem das Fernsehen gehört, wird partielles Geschehen „ins Licht der Öffentlichkeit“ gerückt. Kein Licht ist so von der Zeit bestimmt wie dieses. Keines erzeugt solches Lampenfieber. Keines ist so teuer.

Nun hat alles Licht Wirkung. Jedes Licht wirkt ummittelbar auf ein lichtempfindliches Dunkel prägend ein. Das kann auch die Psyche sein. Das Empfinden und Fühlen gleicht einer, lichtempfindliche Schicht, in dies sich ein öffentliches Scheinwerfergeschehen, mit seinen Blitzlichtorgienen und Verbreitungstsunamis dem empfangsbereiten, unbelichteten Empfänger einprägt, fixierte und reproduzierbar macht.

Das suggestive Licht der Öffentlichkeit hat prägenden Einfluss. Einfallsreiche, provozierende Inszenierungen und Skandale buhlen um öffentliche Aufmerksamkeit und Quoten. Meinungen und Moden bestimmen. Alles knallt, "big-bängt" und will expandieren. Wer schließlich aufs Siegerpodestchen Preis- und Medaillen gekrönt ins Rampenlicht treten darf spielt die Sieger- und Heldenrolle. Doch dahinter tobt ein heftiger Kampf, und die Getretenen die die Leiter zum Erfolg Anderer bilden, bleiben meist im Schlag-Schatten verborgen. Leiden wissen nur Wenige diesen Zustand, mit hohem Freiheitsgrad, zu nutzen und zu genießen.

Andererseits wird manches düster Verheimlichte enttarnt und ans "Licht der Öffentlichkeit gehoben". Manches wird aufgedeckt, und das ist in vielen Fällen fraglos wichtig und richtig. Manches wird jedoch auch ins Öffentliche geschleppt und gezerrt obwohl es dort nicht hingehört. Wenn das Öffentliche privatisiert und das Private öffentlich wird, haben sich die Pole verkehrt.
Spätestens wenn dieses Licht überblendet was es erhellen möchte, spätestens, wenn es zu einem Meinungssog wird, der produziert was er verhindern will, stimmen die Proportionen nicht mehr. Wenn die Schein-Werfer und Blitz-Lichter zu dicht an ihr lichtüberflutetes Objekt herankommen, erleben wir immer wieder, dass zu viel Licht zerstört, verbrennt, verwüstet und verdorren lässt, was es doch durch die Hinwendung aufklären und zum Blühen bringen wollte. Es gibt auch eine Diktatur des Lichtes, und den heilsamen Schatten. Es gibt die grelle Verblendung und das wahrhaftige, bewahrende, bergende und schützende Dunkel.


Damit sind wir bei einem Aspekt angekommen, der für den Anfang und für alle Phasen danach von höchster Bedeutung ist.
Die richtige Proportion, den richtige Abstand, das richtige Verhältnis mit den Erfahrungen die wir von Außen bekommen und die wir Innen machen, zu finden.

Wobei „finden“ ein aktives handelndes Suchen voraussetzt. Am Anfang ist hier die Tat. „Finden“ und „Erfinden“ sind nah zusammen. „Erfinden“ nicht im Sinne von Ausreden die das schöpferische Wort des Anfangs, das in uns als ein Urklang gesprochen wurde der sich bis in den spezifischen unverwechselbaren genetischen Code hinein materialisiert, sondern „Erfinden“ im Sinne von kreativem Finden, von Gestalten und Bilden.



Zum Schuss, zum Ende nach diesem Anfang und Verlauf , noch ein anders Bild, das den „Urknall“ und das „EI“ ergänzt. Ein musikalisches.
"Am Anfang war der Klang", (so schlug Reinhard Eichelbeck in einer Sendung über das Licht vor) der eine Symphonie eröffnet, in der wir alle Ton und Rhythmus, Melodie und Instrument zugleich sind.

Eingebunden in einen großen Chor singen wir alle das Lied und Lob Gottes. Alle meint wirklich Alle. Wie mag sich das nur anhören?

Für mich folgt, dass trotz aller respektablen Erkenntnis, dass wir in der Neuzeit, der Moderne und Postmoderne, den Begriff des Ewigen, die unbeweisbare Existenz Gottes einem selbstbewussten Atheismus gegenübersehen, trotz aller wissenschaftlicher Einsicht in die Zusammenhänge von natürlicher Evolution und dem Menschen als einer zufälligen Folge davon, der nicht mehr den Anspruch erheben kann Krone oder Schöpfung Gottes zu sein, bleibt uns doch die hoffnungsvolle Freude es, dies, wenn wir es noch nicht sind, doch werden zu können.

Ein Mensch, auf den die Menschheit ihre Aufmerksamkeit gerichtet hat, nach dem in großen Teilen der Welt die geschichtliche Zeit bemessen ist, 2010 nach Christus, zeigte den Zusammenhang von Geist, Seele und Naturerleben auf. Seine Geschichte erzählt die Geburt des Gottessohnes. Seinen Anfang in der dunkelsten Winter-Nacht, in die er als Hoffnungsstern geboren wurde. Nach seiner dramatischen Lebens-Bahn stirbt er am Kreuz. Er stirbt in seiner zeitlichen biografischen evolutionären Gestalt, die alle Schuld, Angst und Schwere der Menschheit auf sich genommen hat. Er stirbt um den Tod zu überwinden, um an Ostern, als ewiger Mensch, als Christus, strahlend und für immer aufzuerstehen. Als Überwinder, der er im Grunde seines Wesen war, ist und immer bleiben wird, und dies als Botschaft und Leuchtspur in der Geschichte der Zeit hinterlässt.

Er war und ist ein Wesen das aus dem Ewigen, nichtzeitlichen Immer, in die Zeit, die Welt von Anfang und Ende, von Leben und Sterben kam.
Er hat die Welt überwunden, das heißt dann auch die Zeit, und in der Zeit den Tod und im Tod die Angst. Er ist aus dem Schlaglicht der Geschichte durch die Lichter der Sterne wieder in das Erste Licht, in das Licht Gottes, seines Vaters, eingetreten.

Dieser Anfang ist der paradoxe Schritt aus der Zeit, ein Anfang der die Zeit beendet.

Diese Anfang ist jenes Geheimes im Innern der Zeit, das hinaus und hineinführt in das was wir immer schon waren und immer sein werden und doch noch nicht sind.

Wir haben es in uns. Es lagert zwischen den Herzschlägen und wird von diesen geformt.

Das Wunderbare an dieser Qualität des Göttlichen ist, dass sich die Zeit unbegrenzbar darin entfaltet und offenbaren kann, dass sie sich in Gottes Unbegrenztheit ausspielen kann mit ihrem Werden und Vergehen. Dass sie unzählige Male Felsen verdichten und diese wieder zu Sand zerreiben kann. Dass unzählige Universen sich flammend entfalten und in schwarzen Löchern wieder implodieren können.
Dass auch unsere, im Verhältnis dazu doch so winzigen Entfaltungen, unsere flüchtige Entflammbarkeit, und unsere Enttäuschungen, unsere Asche, sich von allem Seiten und unter allen Umständen auf Gottes Wirklichkeit auszurichten vermögen. Dass wir lernen mit dem inneren Scheinwerfer im Dunkel zeitlicher Verzweiflung jene Tür finden, die das große Licht Gottes in unser Körperhaus herein und durchleuchten lässt.

Insofern wohnt allem Anfang auch dieses Inne, dass es ein letzter Anfang sein kann, jener der uns auf eine andere evolutionäre Umlaufbahn bringt, die keine Wiederholung, kein Kreislauf ist, sondern eine Spiralbahn die uns in den Geist und die Weite jenes Menschen führt in dessen Erinnerung wir die Auferstehung und Ostern feiern.

In dem der Frühling aufblüht, der die Frucht und die Reife verspricht, und der selbst aus der langen Nacht des samentragenden Winters aufbricht in einen immer neuen Beginn.

"Freiheit ist keine Überschreitung der Grenzen, sondern ein Neubeginn" sagt Julia Kristeva.

P.S.
Dank an Gabriele für die Inspirationen