Donnerstag, 17. Juli 2014

Schwäbisch Gmünd im HeimatLicht






Vor vielen vielen Jahren wurde ich einst in Schwäbisch Gmünd geboren. 
Diese Stadt war mir Nest, doch keine Heimat in der Entfaltung möglich war. 

Früh entfloh ich, denn hier wohnte ein quakender Dünkel. 
Im historischen Brunnen steckte eine dicke Kröte mit einer Krone auf dem Kopf. 
Sie war bei allen wichtigen Entscheidungen dabei und gab ihr quak...quak dazu. 

Vor ein paar Jahren wurde sie an die Wand gedonnert. Und es erschien der strahlende Prinz. 
Ein schöner Stauferprinz, der ein gewisse Ähnlichkeit mit OB Richard Arnold hat. 

Mit dieser Stadt geht eine faszinierende Verwandlung vor sich. 

Der lang geplante Tunnel wurde endlich fertig und leitet den Durchgangsverkehr unter der Erde hindurch. 
Die Landesgartenschau begann.

Sie ist ein Wunder, ist wunderbar!


Es gibt keine negativen Aussagen, außer, dass man es nicht an einem Tag „alles schafft“. 
Begeisterung rundum. Nur fragen mache gleich bedenklich: „was wird danach, wenn die Zäune weg sind?“ und: „so viele Schulden?“ ( ... krötet es schon wieder? ...)

Nebenbei: ein paar Panzer weniger, ein paar dieser Angstmaschinen, die dir auf auf großer Entfernung präzise dein Haus zerstören können, würden das locker wettmachen. Frieden ist immer vergleichsweise „billig“. 
Und mit kleiner Münze, die im Topf der Musikanten landen, wachsen Freude und Lebenssinn, nicht Hass und Vergeltung. 

Diese Rechnung scheint in der Welt noch nicht ganz klar zu sein. Oder doch? 
Mit Friede ist nicht so rasch Geld zu machen wie mit Krieg, und in Folge mit Elend und Not, weil alles mangelt. 

Es wird mit „großem Geld“ Vernichtung organisiert um einen teueren Wiederaufbau vorzubereiten und „neue Märkte zu erschießen, Pardon, erschließen“. 
Die „Sicherheitsfirmen“, spezialisiert auf "Schutz+Zerstörung" betreiben mit Tochterfirmen „Wiederaufbau“ und „Humanität“.

 „Gewinner“ sind die Agenten und treuen Vasallen der Gier. 
Verlierer sind immer die Kinder und Friedfertigen, denen der Makel angedichtet wird, sie seien „Weicheier“ und „Gutmenschen“. Wer will das schon sein? 

Kinder lernen früh die Magie der Gewalt, die vorgaukelt Problemlöser zu sein.
Der Stärkere überlebt - sei ein Naturgesetz, sagen Erwachsene und verhalten sich „natürlich“ entsprechend. 

Doch was ist das Stärkste, was überlebt? 
Ist das Stärkste was überlebt nicht die Angst. 
Frisst sie nicht Menschen und Tiere, Natur, Schönheit, Sicherheit, Hoffnung, Ideen, Begabungen und Lebenssinn? Angst nährt sich am liebsten von Liebe. Götterspeise. Angst weiß was gut ist.

Das haben wir als Kollektiv offenbar noch nicht kapiert. Oder doch? Warum bringen wir es dann noch nicht zur Wirksamkeit, und überlassen uns den ReGIERungen?

In Gmünd ist sie derzeit wie weggezaubert, die Angst. 

Größere Mächte, die erst auftauchen wenn Angst schwindet, zeigen sich. 
Vier Sterne!

- Die Natur in ihrer kontrastreichen ausbalancierten Schönheit, 

- die unmittelbare Freude, 

- die Kreativität, die befeindete Gegensätze zu ergänzenden Polen wandelt,

- und die Liebe ohne jeden Besitzanspruch, die das innere lichte Wesen freimacht und Heimat schafft wo immer sie ist.



Heitere, angstfreie und offene Menschen erleben sich miteinander. 
Zu Hunderttausenden ohne sich zur Masse zu verkleben. Jeder, jede bleibt Individuell, bleibt gelassen, entspannt. Ein wenig müde vielleicht nach vielen Eindrücken. 

Kinder spielen im Zentrum dieser Stadt am Sandstrand, wo sich vor ein paar Jahren sich noch der übliche Verkehrsknotenpunkt verknotet hatte. Ein städtisches Krebsgeschwür ist entfernt worden.

Nun gibt da stattdessen jetzt auch zwei Schwanenpärchen, ein schwarzes und ein weißes. Sie schwanen in majestätischer Schönheit mitten im Zentrum und verbreiten ihren natürlichen Zauber. 

Ich sehe sie von meinem temporären Atelier aus, in dem ich seit 5 Tagen bin. Halbzeit.










Täglich kommen wohl mehr als hundert Menschen ins temporäre Atelier. Ich zähle sich nicht. Es kommt nicht auf die Menge an. 
Doch es sind wache, aufmerksame Menschen. Kinder jeden Alters. Sie nehme alles auf.
Auch ganz junge mit Achtzig. 
Neugierig, offen. Bereit zu staunen, zu lernen. Die meisten jedenfalls. 

Für meine Biographie ist das ein Höhepunkt in diesem neuen Wahrzeichen, das von Innen noch fast im Rohbau ist, 10 Tage darin zu wirken. Außen Wahrzeichen, innen Vakuum - im Kern der Stadt. 
Eine seltene Konstellation. 
Hier kann etwas geschehen, was zuvor nicht möglich war und für mich nirgends anders möglich ist. 

Heimat. 

Damals bin ich geflohen. 
Heute fliege ich zu ihr hin. 
Offenbar flügge geworden, denn Heimat ist mir inzwischen dort wo mein Herz ist. 
Also auch in Indien, in Berlin, in Aalen, in Abtsgmünd-Hohenstadt, im Frauenhof. Doch wenn es sich verbindet mit dem Ort in dem dieses Herz zu schlagen begann, mit Schwäbisch Gmünd, dann ist das eine einmalige Übereinstimmung, ein Kreisbogenschluss nach dem ich sagen könnte: „Jetzt kannst du sterben“. 
Da das aber offenbar noch nicht angesagt passt besser: „jetzt kannst du leben“! 

Gleich am zweiten Tag kam ein älteres Ehepaar. Die Frau zieht ein kleines Bild aus der Tasche und zeigt es mir. Mein Vater hat es gemalt. 1942. Mitten im Krieg. Klar dass sei es wieder mitnehmen.



Dann kommen alte Schulfreunde die ich seit Jahrzehnten nicht mehr sah. 
Ein alter Mann stellt sich vor mich hin und fragt grinsend: „kennsch me no?“ ( ... kennst Du mich noch? ...)
Keine Ahnung?! - bis er sich als Schulkamerad zu erkennen gibt und ich durch die Mauern der Jahrzehnte einen Schimmer seines Gesichtes wiederekenne. 

Er ist ein bisschen jünger als ich und ich grinse über mich, weil ich mich selbstverständlich für jünger aussehend halte. Wie alle falle ich auch auf den Irrtum herein, wenn ich einen Gleichartigen sehe und über dessen Älterwerden erstaunt bin. 

Aus dem faltenreichen Munde entfaltet sich der Satz: „Der (die) ist aber alt geworden“.

Eine andere Schulfreundin brachte, nachdem sie begeistert war, am kommenden Tag ihren 85 jährigen Vater mit, der auch zeichnet, wie sie sagte. 

Er schaut mich an und sagt durch seine dicken Brillengläser hindurch: „was des soll der Baschd sei, des ich ja a aldr Moh““.  (...was, das soll der Bast sein den ich kenne, das ist doch ein alter Mann!... ) Aus meinem Grinsen wird ein Lachen.

Gestern stand eine Frau in meditativer Konzentration vor dem großen Bilder der Königskerze, um es mit dem ganzen Körper zu betrachten. 
Dann krachte die die Aufhängung und das großformatige Bild donnerte zu Boden. 
Rechtzeitig konnte ich es auffangen bevor es vornüber gekippt ist. Der Schreck wandelte sich rasch in Heiterkeit, weil eben die sympathische Frau mit ihrer Konzentration so stark betrachtet hat, 
 dass das Bild antworten musste. 

Später zieht eine ältere Dame eine Postkarte aus der Handtasche und zeigt sie mir.  Ich hatte 1965 für einen Freund gezeichnet. Sie bewahrt sie auf. Berührend. Kostbar. Schlicht ergreifend.





Am Abend, nach der Atelierzeit, stand ich lange noch auf einer Brücke und habe wie in ganz frühen Schulzeiten ins Wasser geschaut und der Strömung zugesehen, bis die Brücke begonnen hat zu fahren und das Wasser stillstand. 

Zwei Jungens abenteuerten dort im Wasser herum und spielten mit Steinen und Tüten voller Wasser. 

Die Schwanenpaar putzten sich und grasten und machten sich für die Nacht fertig. Neben die neuen Gebäuden wächst ursprüngliche Natur. 

Auch das freundliche Architektenehepaar das ich traf, sprach begeistert von dieser Wandlung der Stadt. 
Sie bräuchten nicht in Urlaub zu fahren, sagen sie, und warteten wie ich bis die heiter Musikgruppe ihre mittelalterlichen Weisen ohne Verstärkter in die Atmosphäre spielte und in die offen Sinne, die offenen Seelen. 
Ein Musikantin holt mich zum Tanz. 

Irisch. 
Heimat. 
Weltweit. 
Kosmisch nah im universellen Nest. 
Mitten in Schwäbisch Gmünd, meiner Mutterst

adt. 


Zwei Straßen sind hier besonders zu erwähnen.

Die Johann-Sebastian-Bach-Straße in der ich aufgewachsen bin und die Milchstraße in der wir reisen. 

Musik und Milch. 

MM. wie: Materie und Mutter.