Dienstag, 15. Dezember 2009

Teleskop



7 Uhr morgens. Langsam wird es hell. Es ist kalt geworden. Ich sitze am langen Tisch und schreibe mich aus den Träumen ins Wache.

Gestern, kommt mir in den Sinn, hörte ich in den Nachrichten, dass ein neues Teleskop ins All geschossen wurde, mit dem Ziel, eine umfassendere Weltraumkarte anzulegen. Und auch dafür sei es gedacht, wurde gesagt, damit es Ausschau halte nach Planteten, die der Erde möglicherweise gefährlich werden könnten.
Ich musste lachen.

Was der Erde gefährlich werden könnte und gefährlich wird, ist das nicht jenes clevere Kollektivwesen (dem auch der morgendliche Schreiber zugehört) das eine Rakete zu konstruieren in der Lage ist, die ein Teleskop befördern, ein „außerirdisches“ Auge in den "blinden" Weltraum zu implantieren versteht?
Doch auch ein Kollektiv das, trotz Teleskop, eine blinde Stelle in seiner Sicht hat. Eine Stelle die weder von einem „Fern-Rohr“, noch von einem Mikroskop erkannt werden kann. Jene blinde Stelle ist gemeint, die den Feind allein im Außen vermutet. (nebenbei: auch ein Mikroskop zeigt nur ein Außen).
Könnte es nicht sein, dass, wenn es den Feind denn gäbe, (nehmen wir das mal an) eben dies seine Strategie sein könnte; die Gefahr immer draußen, beim Andern, beim Nachbarn, in weiterer Ferne und in der Zukunft zu vermuten, nur nicht bei sich, im eigenen Ich-Haus?
Doch hat er nicht - wenn mann seine Augen reibt, und ohne Geräte in den Nebel seiner noch traumgeschwängerten Gedanken und Empfindungen schaut - längst komfortabel, wenn auch meist verborgen, Wohnung genommen, eben in diesem eigenen Ich-Haus? Residiert er dort nicht als geheimer Berater mit erheblichem Einfluss? Hat er sein Revier nicht wie einen undurchdringlichen Ring um das „Herz-Heiligtum“ gezogen? Dort von wo her jeder Mensch seine Lebenskraft, sein Lebenswasser bezieht, ohne es von Andern rauben oder borgen zu müssen? Wo er die Freude geschenkt bekommt, und die Liebe, bevor sie sich ins Geschlechtliche entzweit? Wo er schöpferisch und findig erspielt was er braucht, und mehr als er braucht - um es zu schenken?

Kommt aber das naive Ich-Bewußtsein, auf der Suche nach Erfüllung und seiner Bestimmung daher und will an seine Quellen, dann sieht es sich vor der verspiegelten Ringburg des „Beraters“ stehen. „Wo willst Du hin“? fragt dieser. „An mein Lebenswasser, zur Freude, zur Liebe, zu meinem Lebens Sinn" antwortet es treuherzig und blauäugig? Der Berater lächelt mild und sicher. Er ist alt. Wie oft hat er diese Frage schon gehört. Viel länger wohnt er schon in diesem Haus als jenes Ich mit seinen paar Jahrzehnten. „Schau ich zeig es Dir“.

Und er zeigt ihm: statt des Wassers den Schnaps, statt der Freude den Spaß, statt der Liebe die Lust und statt des Sinns den Beifall. (Und er hat ihn nicht einmal belogen. Denn im Schnaps ist das Wasser, in der Freude der Spaß, in der Liebe die Lust und im Sinn der Beifall).

„Ich helfe Dir dabei, dass du findest was Du suchst, schau im Internetz nach, da findest Du was ich für Dich fangen konnte, und es ist (fast) alles. Doch Du bekommst es leider nicht umsonst wie im Märchen. Du musst es Dir erkämpfen,erobern, erbeuten, erjagen, erschleichen, erwerben, ertrotzen, ertricksen, erstehen, erschwindeln, erlügen zur Not, um zu ersiegen was Dir zusteht ... und dann musst Du, was Du so erreicht hast: bewahren, mehren und verteidigen. Dann hast Du was Du suchst. Hier sind ein paar Waffen, die schenk ich Dir: viel Glück.“, sagt er. Und er denkt, ohne es zu sagen:

„Da schreibt sogar einer im Moment in seinem Blog über mich. Der liegt nicht mal so falsch. Nur sich selber erkennt er nicht. Seinen blinden Fleck sieht auch er nicht. Denn wenn er sich ganz erkennen würde, dann würde er nicht mehr schreiben, sondern nur noch lachen. Dann gäbe es weder mich noch ihn, weder Feind noch Freund. Dann wäre es wie es wirklich ist. Schnaps wäre Medizin und eine kostbare Variante des Lebenswassers. Lust wäre ein schöner beseligender Aspekt der Liebe. Spaß wäre ein leichtfüßiger Begleiter der Freude, und Beifall ein wärmendes Geschenk an den Sinn. Und der Lebenskampf ein herrlich-weibliches Spiel, bei dem jeder Gewinn ein Verlust, und jeder Verlust ein Gewinn ist.

Die Trennung, und meine Spiegelmauer, würden aufgehoben in einem leuchtenden, fruchtbaren, vielfältigen IMMER, das in der Mitte eines jeden Lebens pulsiert, nach dem selbst ich mich schon eine Weile sehne. Obwohl ich alles verhindern muss damit eben dies geschieht.

Ich bin der WiderSager, der GegenRedner, der alles, was innig aus sich selber IST, zum GegenStand entäußert. Ich hab es langsam gründlich satt! Es ist Zeit für meine Rente. “.

„He!“ ruft er dem Frager nach, der schon ein Stück entfernt war: „Komm zurück Du TOR, ich zeig Dir den Schlüssel!“

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