Freitag, 23. Oktober 2009

23.10. Werkbücher und Zeit




... seit 1968 führe ich Werkbücher. Eine Sammlung mit Notizen und Zeichnungen. Nun erweitert es sich um ein elektronisches, den Blog.

... eine Nachricht von Gestern ist in diesem elektronischen Buch keine Seite die ich mit der Hand umblättere, sondern sie erscheint gleichzeitig auf der einen Oberfläche des Bildschirms. Ohne die Eigenschaften des Papierträgers, ohne Knicke, ohne Haptik, ohne Handschrift. Alles präsentiert sich in perfekter Schrift. Diese gibt keine Signale, ob es sich um eine rasche Notiz auf einem Einkaufszettel, oder um eine lange durchdachten und verdichteten Gedanken handelt.

... natürlich ersetzt der Bildschirm, der die runde Erde wieder flach macht, nicht das Handgeschriebene, sondern macht es, im Gegenteil, zu einem besonderen Ausdrucksmittel...

... in den Büchern sammelt sich die Zeit in einer sichtbaren Reihenfolge.
Jetzt mit diesem Blog bleibt der Bildschirm derselbe, auf dem gescrollt werden kann, rauf und runter, von aktuell hinab nach früher. 

Mir stellt sich heute Morgen die Zeit wie einen Ring dar, oder besser wie einen doppelten Ring, nein: wie zwei Walzen. Eine für die Vergangenheit und eine für die Zukunft. 
Ähnlich den großen Bürstenwalzen in einer Auto Waschanlage, nur viel riesiger und langsamer sich drehend. In der Mitte das Auto, das Selbst, das Ich, das die Illusion hat, die Zeit verlaufe als Linie. Dabei bleibt, bei genauerem Hinschauen, das physische Ich auf seinem Platz. Es kann sich nicht in der Zeit bewegen wie es will. Es wird lediglich von den zwei elastischen Walzen, Vegangenheit und Zukunft, in der Gegenwart "gewaschen" und gedreht. Jahr für Jahr, von Geburtstag zu Geburtstag. Zugleich wird es - unmerklich - immer mehr nach Oben und Unten gedehnt,  gedrechselt, wie eine Schraube.

In welches Gewinde wir wohl passen wenn wir „fertig“ sind?


... bei diesem Gedanken-Bild sehe ich die Malerei von Edgar Ende vor mir. Es passt auch zu der Ausstellung: „Wanderer zwischen den Welten“ Phantastische und Visionäre Kunst,  die wir derzeit vorbereiten. In Garmisch-Patenkirchen. Zum 80.sten Geburtstag von Michael Ende. 


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