Donnerstag, 14. Januar 2010

Hans-Gottfried von Stockhausen

Foto: Ada von  Stockhausen-Isensee, Quelle Wikipedia

Am 8. Januar diesen Jahres ist Hans-Gottfried von Stockhausen gestorben.

Er war einer meiner wichtigsten Lehrer. Nicht nur in Sachen Kunst sondern auch als Mensch. Von 1970 bis 1975 studierte ich bei ihm an der Stuttgarter Akademie.

... Er gehörte zu jenen wenigen, auch pädagogischen Künstlern, die im Studenten sich nicht selber spiegeln und fortsetzen wollen, sondern diesen dort erreichen, wecken und ansprechen, wo er noch im Eigenen schläft. 

Zu seiner derzeitigen Ausstellung in Schwäbisch Hall bin ich aus Berlin, speziell zur Eröffnung, am 4.12. 09 angereist. Und auch jetzt, an seinem Todestag, war ich wieder auf der Rückfahrt von Berlin in den Frauenhof. Das ist nicht wichtig und doch: die beiden Rückreisen sprechen eine feine Sprache. Nicht im Sinne einer bedeutungsschweren Übereinstimmung, sondern als Tatsache. Auf solche feinen Übereinstimmungen, die das Leben spricht, hatte auch er ein aufmerksames Auge.

Es war mir dringend ihn und seine Werke in Schwäbisch Hall zu sehen. Ich fuhr ohne Pause und kam ein wenig zu spät, doch noch rechtzeitig um ihn und seine Arbeiten, die mich sehr beeindruckt haben, zu erleben. 

... Da ist einer der aus einer tiefen Glaubensquelle schöpft. Einer Quelle, deren Wasser noch nicht in religiös-ideologische Flaschen abgefüllt ist, sondern dem Maler frei aus der Hand sprudelt, notierte ich in mein Skizzenbuch.

Von ihm lernte ich viel, auch aus seinen Erzählungen über die verschiedenen Kulturen die er kannte. Immer montags in der Akademie. Das war für mich der wichtigste und oft einzige Termin dort . Dann fuhr ich wieder zurück nach Laubach aufs Land und malte in meinen Häuschen weiter. 

Von ihm lernte ich auch Toleranz und: dass man hier nie auslernt. Er war einer jener seltenen deutschen Männer meiner Vätergeneration, die ich kennenlernen durfte, die das Dritte Reich nicht zerbrochen, nicht korrumpiert, sondern zutiefst erschüttert hat. Es gab nicht viele Männer, als magere Orientierung für die jungen aufgewühlten 68er Studenten, die stark genug waren, ihre Erschütterung nicht verbergen zu müssen. Die in der Lage waren sie glaubwürdig zur Sprache zu bringen.

Er hat mich für die Studienstiftung vorgeschlagen und in diesem Zusammenhang habe ich ein Auslandsstipendium nach Pondicherry/Auroville, in Südindien erhalten, das mich entscheidend prägte. So sei mir dieser ganz persönliche Bezug und Dank erlaubt. Ich weiß und erwähne es gerne, dass ich nur einer von vielen war, die er auf ähnliche Weise gefördert hat. Ich möchte sie hier alle mit bedenken. Er war ein großer Lehrer, aus diesem Blick nahm ich ihn primär war. In Schwäbisch Hall erstaunte ich ganz neu über den großen Künstler, den er nie in den Mittelpunkt seines Unterrichts stellte. Obwohl er präsent war. Vor allem im Zuhören, Begleiten und seiner großräumigen Fähigkeit durch Fragen, nicht durch dogmatische ästhetische Postulate, das Potenzial der Studenten zu öffnen und ihm Richtung aufzuzeigen, nicht vorzuschreiben. Es war ein Glück bei ihm, von ihm zu lernen, und wie mit der Toleranz, so hört auch ein solches Lernen nicht auf.

Wir freuten uns beide sehr, uns in der Ausstellung in Schwäbisch Hall wiederzusehen, das darf ich so schreiben. So pur wie es war. Denn in den Jahren ist eine Freundschaft gewachsen. Er saß im Rollstuhl und seine Augen waren trotz der großen Anstrengung klar. "...wie geht's Dir..." fragte er. "...immer am Anfang, immer am Anfang..." sagte ich. Und er meinte: "...das sind wir doch alle...". Ja! Immer am Anfang. Auch er. Jetzt.  

... Das Licht das durch seine schönen Glasfenster- die bleiben werden- strahlt, leuchtet nun auch - in meiner Erinnerung - farbig, warm und inspirierend durch seine Person .

Wie wunderbar ist doch die Kunst und der Mensch, wenn sie transparent werden. 

Er hat - in meinen Augen, die durch ihn geschult wurden - seinen Namen erfüllt und durchlichtet.

Hans-Gottfried von Stockhausen. 

Die Ausstellung in Schwäbisch Hall im Hallisch-Fränkischen Museum ist höchst sehenswert, für alle die von Kunst genährt und nicht nur informiert werden wollen.  Sie dauert noch bis zum 28. Februar.

www.glasbild.com                         www.schwaebischhall.de          Hans-Gottfried von Stockhausen      Licht  Sinn Raum

2 Kommentare:

Karl Dietz hat gesagt…

Danke, Alfred, für diesen Beitrag und für allen andere hier im Blog. LG Karl.

Ergänzend noch ein Link:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Gottfried_von_Stockhausen

Anonym hat gesagt…

Werde mir die Ausstellung unbedingt anschauen. Du hast mich sehr neugierig gemacht. Solchen "Leuchtürmen" im Leben begegnen zu dürfen ist ja ein wunderbares Geschenk und welch ein Wunder - sie stehen einfach so am Wegesrand, aber unscheinbar, unauffällig und leicht zu übersehen, wenn das Lebenstempo zu hoch gehalten wird. Mir ist bei Deinem Text auch vieles wieder ins Bewußtsein gerückt. Dafür Danke Alfred - Grüße ULI