Dienstag, 12. Januar 2010

Gesichter


Gesichter

... Wieder zurück auf der Bildschirmoberfläche. 14 Tage lang war ich außerhalb vom Netz und habe es nicht vermisst. Ging "in mich". Da ist viel los. In jedem Gehirn gibt es so viele Nervenzellen mit unzähligen Kontaktmöglichkeiten, dass diese die Zahl aller Atome im gesamten Universum übersteigt, hörte ich. Was für eine Dimension unter meinem und Deinem Dach. Sie zu eröffnen ist mein Beruf. Kunst und Yoga. Die offizielle Kunstwelt mag diese Verbindung nicht sonderlich. Esoterikverdacht. Ein Vorurteil das sich etabliert hat, und das bequem ist und flach, wie jedes Vorurteil. Als sei jeder marktschreierische Hokuspokus dasselbe wie ein echtes Gebet. Aber gut, das ist eben so. Einen gewissen Preis an Ablehnung solcher Haltung bin ich bereit zu zahlen für den Luxus relativer Unbekanntheit die nötig ist, um ungestört in diesem Feld zu arbeiten. 

... An Sylvester malte ich die Nacht durch. Ein großes rhythmisches Bild. 

... Jetzt also wieder bloggen...´das ist wie die sieben Stufen aus meiner Berliner KunstKlosterZelle hochgehen und auf die öffentliche Straße treten. 
Da liegt ein zerkrachter Böller vor der Tür, dort fährt ein Auto und über die Straße geht ein Mann den ich nicht kenne, sowenig wie er mich. Dennoch teilen wir den selben Raum und bilden eine Begegnungskreuzung in KreuzBerg. Wir haben das Fremde gemeinsam. Und die Spanne zwischen Annäherung und Ignoranz.

... Die Schnittstelle, der Übergang zwischen Individualität und Kollektiv, ist ein körperlich erfahrbarer. Kaum trete ich aus meiner Wohnung auf die Straße, werde ich zur statistischen Wahrscheinlichkeit. Bin nicht mehr grenzenloser Innenraum, sondern ein Mann in einem bestimmten Alter, mit bestimmtem Aussehen und Auftreten. 
Ich trete nach Außen und entäußere mich sofort. Das heißt: ich reduziere mich auf äußere Signale und Zeichen und reduziere andere ebenso auf solche. Das ist als würde ich in meine Kleider steigen die Kleider spazieren tragen und darin unterwegs sein wie in einem Auto. Indirekt erlauben die Kleider Rückschlüsse. Es ist befreiend in Arbeitskleidern unterwegs zu sein. Sie erklären sich selbst. Kleider kommunizieren miteinander, Marken oder eben Nichtmarken registrieren sind wie Scanner, wie laufende Videos, die aufnehmen und registrierten ohne zu halten, ohne einen Vermerk und doch bleibt eine Spur in der Erinnerung. Es kann zurückgespult werden.

In den Straßen und Kaufhäusern bleibt mein Gesicht anonym. Wie das der andern auch.Ich fühle das auf der Haut, suche Spiegel  um michmeines Gesichtes zu vergewissern. Es reflektiert kein Du. Viele Gesichter sind ins Handy vergraben und beleben sich auf intime und zugleich unnahbare Weise. In den Gesichtern erkennt sich das Unbekannte und es schaut rasch weg. Fremde Gesichter sind zugleich Annäherungen an bekannte. Alle kennen sich auf einer Ebene die nicht so leicht zugänglich ist. Die Gattung Mensch hat ein eigenes gemeinsamens Auge, das durch die indieviduellen Pupillen linst.

Zwischen den Gesichtern sind Schichten von Fremdheit in denen sich die Vorstellungen voneinnader im Vorübergehen einnisten. Wenn nicht die Schutzingnoranz einen Aufnahmestop wegen Überflutung verordent hat. Ein jedes Gesicht ist eine Zeichnung, ein Zeichen. Eine Zeichnung in der der Betrachter liest und deutet. Lebendigste BildSchrift. Ägyptische Hyroglyphe. 

Das Gesicht der Nofretete weckt andere Gesichter auf. Ihr Blick strahlt aus einer Ferne in eine Ferne. Sie teilt den Raum und die Zeit nicht mit uns. Sie teilt uns nur mit, dass sie auch hier ist, ohne anwesend zu sein. In voller Schönheit und Majestät. Wir glauben nicht dass sie da ist, denn wir wissen, dass sei längst nicht mehr lebt. Und doch. Ewigkeit ist keine verlängerte, ins Unendliche ausgedehnte Zeit, sondern zeitlose Präsenz. Sein ohne Zeit also? Das aber ist widersprüchlich. Das gibt es nicht in der Zeit. Da wir in der Zeit sind und leben, gibt es also keine Ewigkeit? 
Nofretete sagt nichts dazu. Sie schaut aus einer Ferne in eine Ferne und ist präsent. Ich zeichne sie. Gezeichnete Gesichter prägen sich tiefer ein. Ihre Schichten und Überlagerungen werden transparenter.

Seit wenigen Tagen wieder zurück. In den großen Ateliers. Raum in der Natur. Das Gesicht der Natur wird die nächsten Wochen wieder Thema sein. Und die vertikalen Überlagerungen. 





1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Wie immer lieber Alfred - scharfsinnig und auf den Punkt gebracht. Es ist eine Wohltat Deine Texte zu lesen, wenn es auch manchmal etwas weh tut den ein oder anderen Spiegel vorgehalten zu bekommen. Freue mich Dich wieder im Lande zu wissen. Bin gespannt auf Deine Farb- Kohle- Bunt- Bleistiftspuren auf Leinwand Papier Holz oder Karton. Gruß Uli