Die Wunderkugel
... fast immer erscheint das Wunder mitten im Alltäglichen.
Die sechs andern Männer waren mehr oder weniger vom Fach. Einige selber promovierte Koryphäen, Wissenschaftler, Techniker.
Mein Freund H-A hat mich als Künstler dazu geladen, um dieses neue Lasertechnikverfahren kennenzulernen.
Wir waren im einem Labor in der FH Aalen verabredet.
H-A hatte selber dort als Prof. für Lasertechnik gewirkt und wir machten zusammen viele künstlerische Projekte.
Etwa die große Stele in Wasseralfingen im Jahre 2000 oder den Brunnen in Abstgmünd 2004.
Dieser Laser, den wir jetzt besichtigen konnten, kann dreidimensionale Objekte „schreiben“. Er baut sie präzise nach Vorlagen in hauchdünnen Metall-Schichten auf.
Die kundige Einführung übernahm der Herr des Labors: W.M.
Er zeigte uns eine Schachtel mit Beispielen.
Kleine Metallgebilde mit Kurven und Löchern.
„Damit können wir alles machen“ schwärmte er, „sogar dreidimensionale Portraits aus Metall.
In dieser unscheinbaren Schachtel war auch eine Kugel.
Ich traute meinen Augen nicht (was selten vorkommt) und musste die Kugel deshalb be-greifen, in die Hand nehmen, wo sie sich sehr geborgen fühlte.
Sie korrespondierte mit der Größe des Gehirns und des Herzens, und bestand, umspannt von einem rhythmisch-geometrischen Netz, fast völlig aus Leere.
Sie war aus einfachem Metallpulver gefertigt, war unscheinbar grau und unbearbeitet.
Sie war eines der Vorzeigeobjekte um zu demonstrieren was die feine kleine Maschine so alles kann.
„Sieht aus wie ein Fussball“ bemerkte einer aus unserer Gruppe.
Ein Fussball wird aus gleichseitigen Fünf- und Sechsflächern zusammengenäht und hält die härtesten Tritte aus.
Was verständlich ist, denn in dieser Kombination ist die Urformel der gestaltenden Universums zusammengenäht. Wirklich? Wirklich!
Ich muss zugeben, dass ich die Kugel immer mehr als zu mir gehörig empfand.
Sie fühlte sich immer wohler in meiner Hand. Sie passte auch in meine Jackentasche.
Ich sagte das auch Herr W.M. und er meinte: das wäre nicht die das erste Objekt aus seinem Labor das Füsse bekommen hätte und einfach weggelaufen wäre, doch er habe ein Auge drauf. Wir lachten.
Da es wenig Aussicht gab das Wunderwerk später zu bekommen um es zu studieren, fiel mir ein dass "später" auch "jetzt" möglich ist, und vertiefte mich sofort - staunend - hinein.
Das Gebilde fastzinierte mich und begann mir optische Lieder vorzusingen.
Das Grau wurde im Lichtspiel zu Silber und die „Räumlichkeit der Leere“ schenkte Ein-Sicht in die Grundlagen des Universums.
Wie das?
Aus dem Dreieck das sich zum Sechsstern verbindet und dem Pentagramm, dem Fünfstern ergibt sich die trittfeste Form (der Fussball) einer vollkommen Kugel.
Andersherum gesehen enthält eine Kugel diese geometrischen gradlinigen Formen in sich. Sie sind Ausdruck von lebendigen Wirkkräften, keine Konstrukte des Verstandes.
Gerade und Kreis.
Kugel und Strahl
sind die polaren Kräfte aller Gestalt.
Mit 0I0I0I0I, geschrieben: null-eins-null-eins,
wird die digitale virtuelle Welt erzeugt.
Nochmals:
ich muss es mir immer wieder klarmachen, so verwunderlich kommt es mir vor:
aus Kugel und Strahl werden alle Formen gebildet.
Und das hielt ich in der Hand!
Verdichtetes Universum.
Noch ein wenig roh, mit dem Laserschreiber,
also mit dieser Maschine die mit Licht schreiben kann,
erzeugt.
Es gibt neben dem Kreis-Strahl-Paar
zwei Proportionsgesetze aus denen alle Erscheinung
in wundervoller Vielfalt hervortritt.
- Die Symmetrie, bei der sich die exakt in der Hälfte eine neuen Oktave bildet und die beiden Flügel in eine Balance bringt die eine Mittelachse, eine Axis mundi erzeugt in der die ungeteilte Einheit als unerschöpfliche Energiequelle präsent ist.
- Der „Goldene Schnitt“ die Asymmetrie, dessen Teilung in sich harmonisch ist, jedoch als Zahlenverähltlnis irrational bleibt. Der kleiner Teil verhält sich zum größeren wie der gröpßere zum Ganzen. Doch zahlenmäßig bleibt es offen. Diese Zahl, 0,618............geht nie auf.
Die Symmetrie ist durch das Sechseck, die harmonische Asymmetrie durch das Fünfeck präsent.
Diese Elemente bilden zusammen die Kugel, woraus sich noch optisch Würfel ergeben.
So sind die Grundformen: Dreieck, Viereck und Fünfeck im Kreis beisammen und erspielen aus der Leere dieses vernetzte Wunder, das in meinem Gehirn Begeisterunsfeuer auslöst.
Künstler über-treiben.
Ja, um über das Treiben hinaus zu gelangen, und still und empfangsbereit zu werden für "den Ruf", denn da ist der Geist immer, doch wie heute, an Pfingstsonntag besonders feurig wirksam.
Die Begeisterung reibt die graue Tarnung aus Gewohnheit weg und öffnet Augen für das alltägliche nährende Wunder.
Herr M.W. wollte mir diese Wunderkugel nicht mitgeben, so musste ich dieses Laserlichtgebilde ablichten.
Nun lächelt sie in ihrer Kiste, denn sie weiß dass ich hier über sie schreibe.
1 Kommentar:
Lieber Alfred, das untere Foto ist ein Traum. Perfekt für einen Kunstdruck. Den Text muss ich noch zweimal lesen ;-) noch einen schönen Tag bzw. Woche für Dich Gruß ULI
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