Baste-Marmochen wacht an der Schwarz-Weiss-Pforte des KunstKlosters. |
Himmel-Hölle und dadazwischen: die Kunst
Solche wie mich lockt mann/frau erfolgreich mit Ködern von Schönheit und harmonischen Idealen in höllische Zustände. Weniger mit Ruhm und Geld.
Dort angekommen versucht mann/frau ordentliche Teufel aus uns zu machen.
Doch schon bei der ersten Anfänger-Schulung, das Böse immer konsequent beim Andern zu sehen, versagen wir, weil wir zweifeln dass es immer nur beim Andern ist.
Zweifeln ist in Höllenkreisen fast so schlimm wie Beten. Wird auch hart bestraft.
Du musst zum Beispiel öffentlich deinen „Lieblingsteufel oder -teufelin“ verraten.
Alle Geheimnisse, vor allem die heiligen, aber auch alles andere was du von ihm oder ihr weißt, bespucken, lächerlich machen, beschimpfen. Diese Gerichte werden auch im Fernsehen übertragen und machen viel gutes „böses Blut“.
Aber auch das Beschimpfen gelingt uns nur kläglich. Wir neigen zur Selbstkritik. Und beschuldigen uns lieber selbst. Das ist oberpeinlich. Wir schämen uns für Gemeinheiten, sogar bei andern. Absolutes nogo, auf deutsch: geht gar nicht. Extrem kein Platz im anti-heaven-hell-agent-program für sowas wie Scham oder gar Wahrheit.
So werden wir unvermeidlich ein Ärgernis in der Hölle und folgerichtig, mehr oder weniger bald, als hoffnungslos untauglich mit Schimpf und Schande ausgestoßen.
Was tun?
Um bleibend in den himmlischen Zuständen zu wohnen sind wir zu dumm, weil wir Gut und Böse einfach nicht unterscheiden können. Wir essen zwar immer den ganzen Apfel vom Baum der Erkenntnis der uns die Unterscheidung von Gut und Böse verspricht, mit Schale, Kern, Butz und mache von uns sogar "mit Stil", doch wir sehen dann fatalerweise auch im Guten das Böse und umgekehrt. Schlimm für uns.
Aus der Hölle sind wir vertrieben, für die Himmel sind wir untauglich. Wobei doch gesagt werden muss. dass die im Himmlischen wirklich sehr freundlich und liebevoll sind und uns großzügig zeitenweise in ihren Ewigkeitsunterkünften Asyl gewähren, doch einbürgen? Nein! einbürgen, das können sie uns so leider nicht. Also müssen wir immer wieder raus.
Nochmals: was tun?
Bleibt nur die Selbständigkeit.
Wir nutzen dann notgedrungen unsere Erfahrungen, und nehmen „das Böse“ der Hölle als tiefes Dunkel, und „das Gute“ des Himmels als helle Höhe.
Damit erfinden wir zum Beispiel das Klavier. Hübsch geordnet, mit schwarz-weißen Tasten (wobei die schwarzen Tasten garantiert Harmonie gewähren) und spielen Musik, erspielen zwischen Himmel und Hölle - dadazwischen - den dritten Raum. Mangels eines anderen Begriffs muss ich wohl sagen: wir eröffnen spielend den Raum der Kunst.
Manche beginnen, wenn aus dem Schwarzen und Weißen, dem Dunklen und Lichten die Farben sprühen, auch zu malen, Bildräume zu schaffen in denen sich befeindete Parteien humorvoll streitend beim Tee ergänzen. Dichter gibt es natürlich auch und viele viele Misch-Sorten von uns.
Wir sind aber nur ungern Kollektive und nie verordnete Gemeinschaft. Jeder ist seinem eigenen Problem treu, das in unendlichen Variationen immer wieder neu und überraschend gelöst wird. Ein Leben lang. Das verbindet uns zuverlässig. Das erkennen wir und erkennen wir an. Auf dieser Basis bilden wir gelegentlich Verbände, oder ein KUNSTKLOSTER, wo jeder seine Zelle hat, und den Schlüssel dazu. Freundschaften reifen darin. Sie überwachsen die Zeit.
Im Himmel können wir nicht dauernd bleiben, für die Hölle sind wir untauglich. Nun gut.
Bleiben wir eben auf der Erde und spielen auf. Unsere Instrumente sind selten, nur manchmal notgedrungen, Waffen. Wir lassen uns nicht gerne vor Karren spannen. Wir spielen für die Freiheit und ackern den evolutionären Boden, damit in den irdischen Herzen und dem egozentrischen Ichverstand im tierischen Körper, die Frucht der Freude wächst.
Wir erwachen, immer wieder gerne, aus unseren horizontalen Träumen, Wünschen, Vorstellungen, und richten uns selbst. Richten uns selbst ständig auf, werden aufrichtig. Erheben uns, in die Vertikale, und machen uns an die Arbeit, solange wir das können. Irdisch. Hier wachsen ja auch die Apfelbäume, und wir haben, zwischen Dunkel und Licht, Blumen und Kinder zur Gesellschaft - und Tiere.
Zu guter Letzt stellen wir überrascht fest, dass zu unserem Publikum auch Himmlische und Höllische gehören. (Übrigens meist schlecht verkleidet - beide! Die Himmlischen kommen etwas zu „böse“ daher und die Hölllischen etwas zu „fein“.) Sie sind neugierig und wollen wissen was aus ihren enttäuschenden Hoffnungsträgern geworden ist. Zufrieden sind beide Parteien, wenn sie merken dass wir weder vertraglich verdammt noch ewiglich gerettet sind, sondern brav dadazwischen bleiben und Kunst leben.
Wie das heute geht, wird sich zeigen.
Arbeitsplatz am 177sten Tag des WSW-Projekts Nr.7 / im Reclam Universal-Notizbuch |
1 Kommentar:
Hallo Alfred, eigentlich ist ja nicht die Kunst zwischen Himmel und Hölle, sondern als ehemaliger Katholik kann ich sagen, da ist das Fegefeuer - also der Läuterungsort für den Himmel. So jetzt bin ich in einem richtigen Dilemma nach Deinem Text und dies ist gut so, denn ich dachte mir schon immer, das Fegefeuer müßte man durch etwas anderes ersetzen. Danke für die Hilfe ;-). Doch im Ernst, Deine Abhandlung über diesen Zustand dazwischen, ist wieder ein weiterer Ast am Baum der Erkenntnis. Sei gegrüßt aus dem Heckengäu ULI
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