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"Reclam-Universal-Noitzbuch-Arbeitsplatz" / Projekt WSW 2012-2013 / 117ter Tag" 16. 4. 2013 |
Frauenhof 4:30 Uhr
Morgen-Gedanken-Skizze
Erzengel Michael - Mensch - humanoide Roboter
... Gestern las ich in der Nachmittags-Sonne, in der weiträumigen frühlingslebendigen Stille des Frauenhof in einem Vortrag von Rudolf Steiner, über das Fest des Michael, den er am 28. 9. 1923 in Wien gehalten hat. (... Rudolf Steiner / Der Jahreskreislauf, als Atemvorgang der Erde und die vier großen Festzeiten - Die Anthroposophie und das menschliche Gemüt - / Rudolf Steiner Taschenbuch...)
Rudolf Steiner Vortrag „Der Jahreskreislauf“
Er appelliert darin eindringlich an die notwendige Wiedererweckung der Geistigkeit des Menschen, die nach einer Phase des „Einsiedlertums im Kosmos“ (...notwendig zur Entwicklung des Ich und der individuellen Freiheit...) und dem Verlust von inneren Wahrnehmungsvermögen in eine Veräußerung und Abstraktion geraten sei, und nun über das Gemüt wieder neu ergriffen werden muss.
Er sprach von verzauberten Wesen die in Mineralen, Pflanzen, und Tieren gebunden sind, und die vom menschlichen Schauen entzaubert werden können, damit sie in eine höhere Stufe ihrer Entwicklung gelangen. Zugleich jedoch lebe im Menschen selbst ein Drache (...nur im Menschen, nicht in der ihn umgebenden Natur...), der sich von diesen Elementarwesen und deren Kräften ernährt und somit deren Weiterentwicklung verhindert.
Der Kampf des Erzengel Michaels bestehe darin gegen diesen Drachen zu kämpfen und ihn zu besiegen, damit sich diese Elementarkräfte, und damit der Mensch, weiter entfalten könne. Michael brauche Mitwirkende, keine Anhänger, so der dringende Appell.
Dinge der Natur / Elementarwesen
... Ich male seit Jahren Dinge aus der Natur. Auch jetzt wieder. Ich schaue die Wiesen an, die gestaltmächtige Architektur der Gräser, be-wundere, dass jedes Jahr an der selben Stelle wilde Narzissen wachsen und die tanzenden Blüten des Lärchensporns, in Weiß und Violett am Weg auftauchen. Ich ahne was damit gemeint ist, wenn R.S. sagt, dass die Natur durch den Menschen gehen muss. Und dennoch: Ich habe noch nie ein lebendiges Elementarwesen gesehen mit Zipfelmütze und Bart, auch noch keine Elfe in den Blüten. Wobei ich das nicht ausschließe, doch bin ich skeptisch, denn die Vorstellungskraft ist fähig zu sehen und zu projizieren was sie erwartet. Dennoch leuchtet mir dieser Gedanke, den R. S. vor 90 Jahren gedacht und geäußert hat ein, dass die Natur durch den Menschen gehen muss und damit auf einen andere Seinsebene zu gelangen, und ebenso der Mensch der sich damit auf andere Weise in das Naturgeschehen stellt. Das ist mir real erlebbar in den NaturIkonen, wenn ich nichts weiter malend betrachte als z.B.: die Winzigkeit eines Blattes und sich aus dieser aktiven Betrachtung eine Lücke öffnet zum Wunder des Kosmos.
Drache und Michael
... Den Drachen kenne ich, oder meine ihn zu kennen - als Ich-Monster aus kollektiver Riesensippe. Gebildet aus Existenzangst und Raffinesse über Jahrtausende.
Und Michael? Als Befreier von Angst und Enge, als kraftvolle Lichtkraft des Lebens die alle Schalen der verhärteten und intelligenten Drachennatur mit seinem Feuer aufzubrechen in der Lage ist. Die pure Lebenskraft. Rein und klar wie das Sonnenlicht. Ihn kenne ich glücklicherweise auch - mit schaudernder Freude!
Doch zugleich ruft diese Schilderung von Rudolf Steiner, dieser Kampf von Michael und dem Drachen Bilder auf, die selber gefährlich sind, oder mir so scheinen. Mag sein, dass mir hier das Grauen des 2.Weltkriegs und die heutigen Kriege solche wertvollen symbolischen Ur-Bilder verderben, oder doch den Zugang erheblich erschweren.
Der Kampf zwischen Licht und Finsternis
„Das Licht kämpft gegen die Finsternis“ ... „Das Gute kämpft gegen das Böse“ ... usw.. Das legitimiert den Krieg. Böse ist dabei immer der Andere,
Mir ist hier der biblische Satz näher: ... „Und das Licht scheint in der Finsternis - und die Finsternis hat es nicht ergriffen“ ...
...Ich misstraue den Lichtkriegern, den Gotteskriegern, die immer auf der richtigen Seite stehen und den Feind brauchen um sich zu legitimieren, die ohne Feinde nicht leben können. Ich misstraue mir selbst wenn ich mich da - euphorisiert -einzureihen bereit bin. Ich bin (...leider...) kritisch gegen diese Bilder von göttlichen Helden, von Supermann oder Superfrau. Zu rasch wird hier das alte duale Feindbild aktiviert das nach Außen projiziert und bekämpft, was im eigenen Inneren unbewusst aktiv ist und unreflektiert aus dem Verborgenen wirkt.
Sowenig wie ich Gnome und Zwerge und Elfen sehe kann, so wenig sind mir diese Bilder vom kämpfenden Michael gegen den Drachen sinnlich real zugänglich. Als Vorstellung schon und als wagnerisches Operndrama auch. Als inneres Geschehen sind sie mir allerdings durchaus konkret. Vielleicht reicht das ja vorerst.
Auch sind die abendländischen „bösen“ Drachen, nicht die einzigen, denn es gibt ja auch die wundervollen Glücksdrachen in den Märchen der Chinesen, auch bei Jim Knopf.
Der „böse“ Drache ist eher eine alte abendländische Metapher, bei der sich der Mensch über seine eigenen Triebmächte, sein tierisches evolutionäres Erbe siegreich erhebt. Indem er den Drachen besiegt, der alt, hässlich und klug ist und nie schläft, kommt er, in den Märchen, an den Schatz und die Jungfrau die dieser gefangen hält. Also an seine reinen menschlichen Kräfte. Ein „Glücksdrache“ ist dagegen möglicherweise der verwandelte „böse“ Drache. Da ist ein völlig anderes Kampfkonzept. Verwandlung statt Vernichtung.
Und dann?
... Was macht Michael wenn der „böse“ Drache besiegt ist? Michael ist doch nicht als eine duale Macht zu denken, die den Drachen braucht um zu sein. Hat er nach seinem Sieg eine andere, wichtigere Aufgabe? Wenn ja welche?
Was der „böse“ Drache macht wenn Michael (...vorübergehend... ) besiegt ist, das ist klar. Er frisst weiter bis nichts mehr da ist außer ihm und seine vielköpfigen Metastasen. Da er im Grunde seines Wesens Nichts ist, (...also auch kein Glücksdrache werden kann...), wird dann auch ansonsten nichts mehr sein. Keine Erinnerung mehr. Nichts. Aus. Out. Off. NIX.
Da aber Michael, als Erzengel, gewiss nicht zur Drachenspeise werden kann - die verdaut ein Drache einfach nicht - wird dieser bestimmt in seinen Spähren bleiben und mit seinen andern lichten Engel-Kräften möglicherweise ein neues Drama planen und dann inszenieren, das sich vielleicht wieder Menschheit nennt.
Wieder werden sie einen Urknall zünden, eine neue Flasche göttlichen Champus mit lautem Knall entkorken, und mit Engelsgeduld warten bis sich nach wilden brodelnden Jahrmilliönchen auf einem Planeten erste Einzeller und Amöben bilden die, wieder etwas später, (... „zufällig“, wie später kluge Wissenschaftler behaupten werden...) zum Menschen mutieren. Doch warum in die Zukunft blicken, das findet eben jetzt schon statt. Zum wievielten Male?
Drache in Aktion
... Während ich mich in diesen faszinierenden Text Steiners, der mit fremd vertraut wird, an diesem lichten Nachmittag vertiefe, auch mit der Frage wie sich der heutige Bild-Gedanke im Universal-Notizbuch äußern wird, da höre ich mit einem Mal einen furchtbaren Lärm im nahen Wald. Zuerst ignoriere ich ihn. Denke dass das Brüllen vorbei fährt. Doch der Lärm wütet weiter und eine Staubwolke ist in der Nähe auszumachen.
Alarm in der vogelstimmenreichen Stille!
Ich sehe einen roten Bagger mit gieriger Greifzange die liegenden geschlagenen Wald-Hölzer auffressen und in seinen Bauch schütten, der alles sofort verhäckselt und zerschreddert, es rasend verdaut, dann gleich in hohem Bogen wieder ausspuckt, nein! auskotzt! - in die blecherne Schachtel einer riesigen fahrenden Kiste - eines Lastwagens.
Drache in Aktion?!
Irgendwann ist er satt und der rote Drachenarm zuckt nicht mehr, die zerfetzenden Metallzähne mahlen nicht mehr die Hölzer zu Holzmehl. Mit seinem wieder leeren Zeckenbauch fährt der Baggerdrache hinter dem Beutefahrzeug her. Auf diesem steht als Firmenname: „RITTER“.
Gegenwart
...Gegenwart, nach 90 Jahren von Steiner Vortrag. Keine Welt für Gnome und Elfen mehr. Ist das ein Wunder dass ich sie nicht sehe? Die sind doch längst über aller Berge zu den sieben Zwergen geflüchtet, und hinterlassen uns: „Biomasse“ wo früher in heiliger Andacht Blüten und Bäume und Wiesen und Früchte gediehen.
Malen
... Ich male. Wenigstens im malen kann ich etwas von dem erfahren was in Steiners Buch: „ der Jahreskreislauf als Atemvorgang der Erde“ genannt wird. Und ich kann auch Elfen und Gnomen einladen sich in meine Hand zu spielen, falls sie mal wieder einen Erkundungsausflug von den Sieben Bergen her unternehmen sollten und zufällig, wenn der Krach von der Stille wieder geschluckt wurde, bei mir am Atelier vorbeikommen.
Kaum gedacht, schon sind sie da! Ich sehe auf dem Papier kleine Zeichenkörperchen die heiter aus den Blüten hüpfen und sich frisch auf dem leeren Papier tummeln. Wer weiß, vielleicht sehen sie ja auch so aus wie ich sie malen kann, vielleicht sind sie ja vielförmig und passen sich dem Fantasievermögen subjektiver Möglichkeiten an, um wenigsten so zu erscheinen? Wer weiß.
Ich hätte gerne Dr. Steiner gefragt. Doch wenn ich das versuche sehe ich seine gemütvollen Augen und ein feines Lächeln. Antwort genug. Wie Michael, so scheint mir, sucht auch er keine Anhänger sondern Mitwirkende.
Humanoide Roboter
...Ich lebe seit Monaten weitgehend medienabstinent ohne viel zu vermissen. Auch die Medien vermissen mich nicht. Das großen Welten-Karussell, mit seinen Nachrichtencotails- und Inofmenüs, dreht sich ohne mich weder langsamer noch rascher. Doch an diesem Nachmittag mache ich das Radio an um zu hören ob es im Forum auf SWR 2 eine Sendung gibt die mich was angeht. Sie passte, ging mich was an.
Es wurde damit eine Trilogie: Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft
Der Vortrag Steiners vor 90 Jahren über Michael, den Drachen und die Elementarwesen, dann die brüllende Drachen-Schreddermaschine-Gegenwart und nun:
„Humanoide Roboter in der Zukunft“ (sinngemäß), das Forumthema.
... Der unvollkommene Mensch arbeitet mit kollektiver wissenschaftlicher Intelligenz an vollkommen Systemen, weniger an sich. (...da hat er offenbar weitgehend resigniert...) Er verlagert sein unberechenbares subjektives halbschattiges Wesen ins kalkulierbar Binäre 0-1-0-1-0-1 und übersetzt es in Technik, die ihm von Außen wie eine Rettung, in einer gewissen Selbsthypnose vielleicht, entgegen scheint, und auch seine subjektive Existenz, in ferner Zukunft, glänzend verklärt.
Bei dieser Arbeit erfährt er - als Nebenwirkung - dass seine eigene Unvollkommenheit einen extrem hohen Grad an Komplexität hat, und eben deshalb ein offenes und kreatives System ist, das nicht, oder sehr schwer, auf duale Rechenmaschinen übertragen werden kann.
Auch hier möchte der Mensch selbst überwinden. Seine Unvollkommenheiten, seine Abhängigkeiten, seine Krankheiten, seinen Tod? Da er es subjektiv nicht zu leisten vermag, wie es scheint, so nimmt er Zuflucht ins Kollektive und macht sich zu einem aktiven Teilchen im weltweiten Experiment.
Es wird bestimmt noch eine Weile dauern bis die Roboter etwas von „Gemüt“ im Sinne R.S. eingespeist bekommen kann. Und selbst wenn das gelingen sollte: ob das dann gemütlich sein wird?
Die Vermutung liegt nahe, dass dies, im Sinne der abendländischen Deutung, hochintelligente „böse“ Drachenstrategien sind, während es offenbar in Japan auch durchaus vorstellbar ist, dass es sich dabei um einen Glücksdrachenentwurf handeln könnte.
Wir werden sehen
„Nein! Wir sehen schon“, rufen die Gnome und Elfen und läuten in dieser Morgenstunde die Blumen auf den nahen Wiesen. Auch wenn ich sie nicht sehe, so kann ich sie doch hören.
Es ist also offenbar ganz nahebei hier: „Hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen“.
Ich muss meine Augen noch ein wenig anders öffnen lernen. Vielleicht sehe ich sie dann auch. Mit dem Zeichenstift und dem Pinsel lässt sich da gewiss einiges entdecken.
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"Reclam-Universal-Noitzbuch-Arbeitsplatz" / Projekt WSW 2012-2013 / 118ter Tag" 17. 4. 2013 |